Konzertierte Aktion gestartet

So soll die Pflegearbeit "cool" werden

Zigtausende Kräfte für die Kranken- und Altenpflege fehlen. Lösungen sind nicht in Sicht. Drei Bundesminister und rund 50 Organisationen und Verbände wollen das Ruder nun herumreißen.

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In der Kranken- und Altenpflege sind rund 35.000 Stellen unbesetzt.

In der Kranken- und Altenpflege sind rund 35.000 Stellen unbesetzt.

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BERLIN. Die "Konzertierte Aktion Pflege" ist am Dienstag in Berlin gestartet. De facto handelt es sich dabei um eine in Arbeitsgruppen gegliederte Ideenwerkstatt des Gesundheits-, des Familien- und des Arbeitsministeriums.

"Es muss cool werden, Pflegekraft zu sein", sagte Familienministerin Franziska Giffey (SPD) bei der Vorstellung der Aktion am Dienstag in Berlin. Dafür müssten sich die Ausbildung, die Arbeitsbedingungen, die Bezahlung und die Wertschätzung in den Pflegeberufen ins Positive wenden.

Im Moment präsentiere sich die Situation dramatisch. Auf 100 Stellenangebote kämen im Schnitt nur 28 Bewerber, sagte Giffey. In der Alten- und Krankenpflege sind 35.000 Stellen für Fachkräfte und Helfer offen. Manche Schätzungen kommen bereits auf 100.000.

Aktive Gleichstellungspolitik durch Pflegeaufwertung

Eine Aufwertung der Pflegeberufe und der sozialen Berufe überhaupt sei aktive Gleichstellungspolitik, betonte Giffey. Von den 5,7 Millionen Menschen in sozialen Berufen seien 80 Prozent Frauen.

58 Prozent der Pflegearbeitgeber sei nicht tarifgebunden, wies Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) auf strukturelle Probleme in diesem Arbeitsmarkt hin. Auch unter den Beschäftigten liegt der Organisationsgrad äußerst niedrig. Jedes Jahr wachse die Zahl der pflegebedürftigen Menschen mit einer Demenz um rund 40.000, sagte Heil. An dieser Kennzahl lasse sich der erwartete Bedarf an Arbeitskräften für die Pflege ablesen.

"Stellen schaffen ist das eine, Stellen besetzen das andere", sagte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) mit Blick auf den leergefegten Arbeitsmarkt. Die Teilzeitquote in der Pflege liege bei 40 Prozent. Hier gebe es Potenzial, über dien Rückkehr in Vollzeit Arbeitskraft zu heben.

Ausländische Fachkräfte anwerben

Ein weiterer Baustein sei das Anwerben von Pflegekräften im Ausland. Konkret gibt es bereits Pläne, rund 2000 Pflegekräfte aus Kosovo und Albanien nach Deutschland zu holen (die "Ärzte Zeitung" berichtete). Derzeit absolvieren die Bewerber bereits Deutschkurse.

Umsonst werden die in der Konzertierten Aktion verabredeten Maßnahmen nicht zu haben sein. Sollte es zu flächendeckenden Tarifverträgen kommen, bedeute das selbstverständlich höhere Ausgaben in der Altenpflege, sagte Spahn.

Mit den letzten gesetzlichen Vorarbeiten für die Einführung der generalistischen Ausbildung in der Pflege einerseits und dem Pflegesofortprogramm andererseits hat die Koalition als Gesetzgeber bereits erste Schritte auf den Weg gebracht, die Pflege aufzuwerten.

Langfristiger Plan

Die "Konzertierte Aktion Pflege" werde dagegen nicht sofort in praktische Gesetzesarbeit einmünden, betonten die Minister. Davor liege noch ein Jahr an Gesprächen mit den übrigen Beteiligten, sagten die Minister. Das sind die Länder, Arbeitgeber und Gewerkschaften, Kirchen und Wohlfahrtsverbände, Krankenkassen und Betroffenenvertreter. Ziel ist es, in einem Jahr Pläne für attraktivere Arbeitsbedingungen vorzulegen.

Patientenschützer und die Opposition forderten baldige konkrete Schritte. Viele Vorschläge wie das Zahlen von Rückkehrprämien, wie sie der Pflegebevollmächtigte der Regierung Andreas Westerfellhaus vorgeschlagen hatte, lägen schon vor und seien sofort umsetzbar, sagte die pflegepolitische Sprecherin der Grünen, Kordula Schulz-Asche: "Es muss nur endlich jemand tun."

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz begrüßte die Aktion. Nötig sei unter anderem eine bundeseinheitliche Regelung für Sprachtests bei ausländischen Pflegekräften, sagte Vorstand Eugen Brysch: "Pflegekräfte müssen auch Deutsch verstehen und sprechen. Professionalität und Empathie reichen nicht aus." (af)

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Alles für die Pflege

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Kommentare
Kurt-Michael Walter 04.07.201815:21 Uhr

Ein toter Fisch stinkt tatsächlich zuerst am Kopf.


Drei Bundesminister und rund 50 Organisationen und Verbände wollen das Ruder nun herumreißen: Wenn man sich das bildlich vorstellt ist dann wird das der Untergang der „Pflege-Titanic“ sein!

Schon seit Jahrzehnten schieben div. Minister notwendige Entscheidungen und Gesetzesvorhaben vor sich her. Und wenn’s dann mal eng wird antworten diese Damen und Herren rhetorisch mit: „Davor liege noch ein Jahr an Gesprächen mit den übrigen Beteiligten“, die da sind: Bund, Länder und Kommunen, Arbeitgeber und Gewerkschaften, Kirchen und Wohlfahrtsverbände, Krankenkassen und Betroffenenvertreter.

Fazit: Vom Planungsstau zum Entscheidungsstau oder anders ausgedrückt: „Davor liege noch ein Jahr an Gesprächen den übrigen Beteiligten“!

Die Lehre vom Schätzen und Prognostizieren:
„Im Moment präsentiere sich die Situation dramatisch. Auf 100 Stellenangebote kämen im Schnitt nur 28 Bewerber, sagte Giffey. In der Alten- und Krankenpflege sind 35.000 Stellen für Fachkräfte und Helfer offen. Manche Schätzungen kommen bereits auf 100.000“.

Ja, geht’s noch? Warum nicht gleich „Pi mal Daumen“?

Jede(r) Personalentscheider/In der/die etwas von strategieorientierter Personalentwicklung versteht muss bei so viel staatlicher Inkompetenz und Entscheidungsvermeidung resignierend die Personalplanung und – Entwicklung einstellen.

Carsten Windt 04.07.201808:11 Uhr

operative Hektik ersetzt geistige Windstille

Machen wir uns nichts vor:
Pflegeberufe gehören zu den am schlechtesten bezahlten "Knochenjobs".
Schlechte Dienstzeiten Wochenend- und Feiertagsarbeit inbegriffen.

Viele im Pflegeberuf Tätige sind innerhalb von 10 Jahren Berufsunfähig bzw. einfach nicht mehr in der Lage- körperlich und seelisch- diesen Beruf auszuüben.

Die jetzigen Aktionen bringen bis auf einen medialen Auftritt nichts.
Abhilfe könnte wenigstens teilweise eine deutliche Gehaltserhöhung bringen.

Aber sind wir bereit dieses Kosten dann auch zu bezahlen?

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