Reisen in Pandemiezeiten
Spahn: Strikte, aber ausdifferenzierte Corona-Regeln für Urlaubsrückkehrer
Negativtest, Impfnachweis, Quarantäne: Zum Start der Urlaubszeit erinnert Gesundheitsminister Spahn daran, was Reiserückkehrer beachten müssen. Innenminister Seehofer lehnt Grenzkontrollen ab – und schießt gegen die UEFA.
Veröffentlicht:Berlin. Die Bundesregierung hat die geltenden Corona-Regeln für Reiserückkehrer gegen Kritik verteidigt. Bund und Länder hätten das Einreisekonzept kürzlich noch einmal gemeinsam bestätigt – „rechtzeitig und frühzeitig vor dem Reiseverkehr“, sagte Gesundheitsminister Jens Spahn am Donnerstag. „Die Regeln sind klar ab dem ersten Tag der Urlaubszeit“, betonte der CDU-Politiker.
Zuvor hatten Oppositionsvertreter moniert, die Regierung lasse Urlauber wie im Vorjahr im Unklaren, was bei Rückkehr aus dem Ausland gelte. Die gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Christine Aschenberg-Dugnus sagte, das Rückkehrmanagement der Regierung bleibe „ineffektiv“. Nach wie vor gebe es keine europäisch abgestimmten Regeln. Aus den Ländern waren zudem Rufe nach schärferen Kontrollen an den Außengrenzen laut geworden.
Es gebe strikte, aber ausdifferenziertere Regeln, sagte Spahn. Alle Länder, in denen das Virus so stark zirkuliere, „dass es uns besorgt“, würden in drei Kategorien unterteilt: einfache Risikogebiete, Hochinzidenzgebiete und Virusvariantengebiete.
Laut Coronavirus-Einreiseverordnung gilt eine generelle Nachweispflicht für Einreisende im Luftverkehr. Diese Personen müssen grundsätzlich – unabhängig davon, ob sie sich in einem Risikogebiet aufgehalten haben – vor Abflug dem Beförderer ein negatives Testergebnis, einen Impf- oder einen Genesenennachweis vorlegen. Daneben ist bei Einreise nach Deutschland eine Anmelde-, Nachweis- und Quarantänepflicht zu beachten.
Quarantänepflicht für wen und wie lange?
Rückkehrer aus Risiko- und Hochinzidenzgebieten müssen demnach für zehn Tage in Quarantäne. Die Dauer der Quarantäne lässt sich nur durch aktive Vorlage eines negativen Testergebnisses beim Gesundheitsamt verkürzen. Bei Rückkehr aus Virusvariantengebieten müssen Reisende für 14 Tage in Quarantäne. Verkürzen lässt sich die Quarantäne dann nicht. Welche Länder zu Risiko-, Hochinzidenz- und Virusvariantengebieten zählen, ist auf den Webseiten des Robert Koch-Instituts (RKI) einzusehen.
Als Hochinzidenzgebiet gelte ein Land „spätestens“ dann, wenn es dort eine Sieben-Tage-Inzidenz von über 200 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner gebe, sagte Spahn. Zu Virusvariantengebieten zählten Länder, in denen Virusvarianten mit einem „wahrscheinlich besonderen Risiko“ kursierten, die aber in Deutschland nicht dominant sei. Setze sich die Variante auch in Deutschland durch, würde das betreffende Land im Ausland zum Hochinzidenzgebiet erklärt.
Delta im Juli dominierend
Das gelte auch mit Blick auf die Delta-Variante. Diese werde spätestens im Juli auch in Deutschland die dominierende Variante bei den Neuinfektionen sein, sagte Spahn. Vor diesem Hintergrund könnten Portugal und Großbritannien womöglich in Kürze von Virusvarianten- zu Hochinzidenzgebieten herabgestuft werden. Dies passiere dann, wenn die Anteile der Delta-Variante vergleichbar seien – also voraussichtlich 70 bis 80 Prozent. Laut RKI geht aktuell jede zweite Neuinfektion in Deutschland auf Delta zurück.
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) nannte die Einreiseregelung „stimmig und ausgewogen“. Die Bundesregierung müsse „differenzierte Lösungen“ treffen – andernfalls würden die Regeln von Gerichten „sofort“ als unverhältnismäßig einkassiert. Wichtig sei, dass Quarantänepflichten eingehalten würden. Das geschehe über die Gesundheitsämter.
Stationäre Grenzkontrollen wegen der Pandemie seien nicht beabsichtigt, betonte Seehofer. Vorgesehen sei aber, die Schleierfahndung hinter den Grenzen zu verstärken. Grundsätzlich gelte: „Wer einreist, muss damit rechnen, kontrolliert zu werden.“ Das sei nötig, um den Eintrag von Infektionen nach Deutschland zu verhindern.
UEFA handelt „verantwortungslos“
Mit Blick auf die Fußball-Europameisterschaft und die teils vollen Stadien übte Seehofer scharfe Kritik an der UEFA. „Ich halte diese Position der UEFA für absolut verantwortungslos.“ Wenn man die Bilder sehe von „Menschen, die sehr dicht aufeinander sind“ und „Erfolge feiern mit großen Umarmungen“, sei absehbar, dass dies das Infektionsgeschehen befördere. Er habe ein bisschen den Verdacht, dass es „da wieder um Kommerz geht“, sagte Seehofer. Kommerz dürfe aber nicht den Infektionsschutz der Bevölkerung „überstrahlen“.
Bei der Niederlage der deutschen Nationalelf im EM-Achtelfinale gegen England am Dienstag waren knapp 42.000 Zuschauer im Londoner Wembley-Stadion. An den Halbfinalspielen und am Endspiel sollen je 60.000 Zuschauer teilnehmen.