Corona-Lage
Spahn macht der Jugend ein neues COVID-19-Impfangebot
Bundesgesundheitsminister Spahn will allen Kindern und Jugendlichen im Sommer ein Impfangebot machen. Und: Die Testverordnung soll zügig geändert werden, um Betrug bei den Bürgertests zu erschweren.
Veröffentlicht:Berlin. Die Bundesregierung hält an ihrem Ziel fest, allen Kindern und Jugendlichen von zwölf bis 18 Jahren bis Ende August ein Impfangebot zu machen. Das sagte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Dienstag vor der Bundespressekonferenz.
Für Juli und August erwarte Deutschland alleine vom Hersteller BioNTech/Pfizer Impfstoff-Lieferungen im Umfang von rund 50 Milionen Impfdosen Comirnaty®. Deshalb könnten die Schüler einbezogen werden. Dies bedeute keine Impfpflicht. Die Entscheidungen für oder gegen das Impfen sollten immer zwischen dem Kind, seinen Eltern und den Ärzten fallen.
Erst in der vergangenen Woche hatte es Zoff zwischen Bund und Ländern gegeben. Die Länder hatten sich enttäuscht gezeigt, dass es keine zusätzlichen Impfkontingente für Kinder ab zwölf Jahren gibt. Daraufhin hatte der Impfgipfel von Bund und Ländern am Freitag die Altersgruppe ab zwölf Jahre kurzerhand in die allgemeine Impfkampagne eingegliedert. Sie kann sich nun wie alle um Termine bewerben.
Die Ständige Impfkommission hat jedoch noch keine Stellungnahme zum Impfen von Kindern und Jugendlichen mit Comirnaty® abgegeben. Die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin hat das Vorpreschen der Regierung an dieser Stelle daher kritisiert. Es sei zwar richtig, dass von der EMA zugelassene Impfstoffe eingesetzt werden dürften. Ein Einsatz, ohne die Empfehlung der Stiko abzuwarten, widerspreche aus Sicht der Fachgesellschaft aber einer seit jeher etablierten Praxis, sagte DEGAM-Präsident Professor Martin Scherer am Dienstag. „Durch das Vorpreschen einiger politischer Entscheidungsträger ist viel Vertrauen verloren gegangen“, sagte Scherer. Die STIKO-Empfehlungen seien für die wissenschaftliche hausärztliche Medizin sehr wichtig.
RKI: Gefahrenlage nurmehr „hoch“
Impfen, Testen, Alltagsregeln und das gute Wetter sorgen für Entspannung der Corona-Lage. Das Robert Koch-Institut hat am 1. Juni die Gefahrenlage aufgrund der Corona-Pandemie in Deutschland nach sechs Monaten von „sehr hoch“ auf „hoch“ herabgestuft. Unterdessen entspannt sich die Corona-Lage. Die neue Risikoeinschätzung des Instituts bleibt rechtlich folgenlos. Sie ist nicht verknüpft mit Lockerungen von Alltagseinschränkungen.
„Die Lage wird besser, aber wir sind noch immer mitten in der Pandemie“, warnte Gesundheitsminister Jens Spahn am Dienstag. Am Freitag trifft sich der Minister mit seinen Kollegen der G7-Gruppe. Dabei soll über internationale Aspekte der Impfkampagne gesprochen werden. In der EU seien absehbar hohe Impfquoten zu erwarten. Sicherheit gebe es allerdings erst, wenn möglichst viele Staaten auf der Welt in die Impfkampagne einsteigen könnten. Spahn war am Sonntag Teil der Delegation von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bei einem Kurzbesuch in Südafrika.
Wieler: SARS-COV-2 wird endemisch
SARS-CoV-2 werde auch langfristig nicht mehr verschwinden. Das Virus werde endemisch, sagte RKI-Präsident Professor Lothar Wieler. Im Augenblick gingen die Fallzahlen zurück und die Lage auf den Intensivstationen entspanne sich. Dort gebe es einen stabilen Abwärtstrend an Patienten. Auch insgesamt verzeichneten die Krankenhäuser weniger COVID-Patienten.
Von den rund 412 Landkreisen und kreisfreien Städten verzeichneten nurmehr vier eine Sieben-Tage-Inzidenz von mehr als 100. „Öffnungsschritte sollten gleichwohl kontrolliert und verantwortungsvoll erfolgen“, sagte Wieler. Noch seien erst 18 Prozent der Bevölkerung zweimal geimpft. Für eine vollständige Öffnung des Landes müsse dieser Wert auf 80 Prozent steigen.
Die niedergelassenen Ärzte leisten dazu ihren Beitrag. In dieser Woche hat die Zahl der teilnehmenden Praxen erstmals die Marke von 70.000 überschritten, sagte Spahn. Der Minister verteidigte erneut das Aufheben der Impfpriorisierung ab dem 7. Juni. Er wisse, dass noch nicht alle in die Prio-Gruppen 1, 2 und 3 eingestuften Menschen durchgeimpft seien. „Wir können aber nicht warten, bis jeweils 100 Prozent einer Priogruppe durch sind und dann erst die nächste öffnen“, sagte Spahn.
Der Gesundheitsminister hat das Vorgehen beim Aufbau einer Testinfrastruktur verteidigt. „Ich bleibe dabei: es ist etwas entstanden, was so Anfang März keiner erwartet hätte“, sagte Spahn. Heute gibt es kein anderes Land in Europa, das mehr Zugang zu niedrigschwelligen Testangeboten habe als Deutschland.
Update für die Testverordnung
Im April und Mai haben die Kassenärztlichen Vereinigungen mit dem Bundesamt für Soziale Sicherung rund 660 Millionen Euro verrechnet. Der Minister geht davon aus, dass dafür bis zu 45 Millionen Schnelltests allein in den vergangenen vier Wochen ausgeführt worden sind. Er könne nicht erkennen, dass das eine übermäßige Vermehrung der abgerechneten Tests im Verhältnis zum Testangebot und zur Zahl der Bürgerinnen und Bürger sei, sagte Spahn.
Mit einer zügigen Änderung der Testverordnung will Spahn nun die Abrechnungen nachvollziehbarer gestalten. Die Kassenärztlichen Vereinigungen als erste Abrechnungsstelle sollen dafür mehr Informationen erhalten, um leichter vom Materialeinsatz auf die Zahl durchgeführter Tests schließen zu können. Zudem sollen auch die Finanzbehörden die Plausibilität der Abrechnungen bald leichter prüfen können.