Influenza-Impfung
Gesundheitsminister: Sind auf Grippe gut vorbereitet
In Deutschland sind so viele Impfdosen gegen Grippe vorbestellt worden wie noch nie, berichtet Gesundheitsminister Spahn. Auch deutet sich an, dass sich viel mehr Patienten impfen lassen wollen. Der Hausärzteverband berichtet von ersten Lieferengpässen. Der Corona-Schutz könnte sich auf die Grippewelle auswirken.
Veröffentlicht:Berlin. Deutschland geht mit der höchsten Zahl jemals im Voraus bestellten Impfdosen an Grippeimpfstoffen in die Grippesaison. Darauf hat Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bei einer Pressekonferenz am Mittwoch in Berlin aufmerksam gemacht.
Insgesamt 26 Millionen Dosen sollen bis Januar Woche um Woche an die Arztpraxen ausgeliefert werden. Das seien fast doppelt so viele wie die 14 Millionen im Vorjahr verimpften Dosen. Spahn räumte ein, dass es lokal und zeitlich begrenzt zu Lieferengpässen kommen könne. Es sei aber noch nie im Oktober die gesamte Menge an bestelltem Impfstoff auf einen Schlag ausgeliefert worden, sagte Spahn.
Vielerorts warten auf die nächste Charge
Vielerorts müssten Hausarztpraxen bereits auf die nächste Charge Grippeimpfstoff warten, hat der Deutsche Hausärzteverband in einer Mitteilung bestätigt. Die Nachfrage sei in vielen Regionen sehr hoch.
„Ich appelliere an die Politik, sicherzustellen, dass jetzt überall genügend Impfdosen vorhanden sind“, sagte Hausärzteverbands-Chef Ulrich Weigeldt am Mittwoch. Es dürfe nicht sein, dass zum Impfen aufgerufen werde, dann aber die Impfstoffe nicht nachkommen.
Spahn forderte die Beschäftigten im Gesundheitswesen auf, sich gegen die Grippe impfen zu lassen. Die Impfquote ausgerechnet in diesem sensiblen Bereich liege nur zwischen 30 und 40 Prozent. Die Charité in Berlin hat angekündigt, in ihrer Belegschaft eine Verdoppelung der Impfquote gegenüber dem vergangenen Jahr zu erreichen.
Tele-AU bis Silvester
Der Minister kündigte an, dass der Gemeinsame Bundesausschuss am Donnerstag mit Blick auf die Grippewelle die Möglichkeiten der Krankschreibung per Telefon bei Atemwegserkrankungen zumindest bis zum Jahresende verlängern werde. Auf diese Weise sollen möglichst viele Infekte aus den Arztpraxen herausgehalten werden.
Nur jeder dritte Risikopatient lasse sich in normalen Jahren gegen Grippe impfen, warnte die Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, Dr. Doris Pfeiffer, bei der Pressekonferenz. Dazu zählen nach den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) Menschen über 60 Jahre, Schwangere, chronisch Erkrankte und zum Beispiel die Bewohner in Alten- und Pflegeheimen.
Umfragen zeigten, dass in diesem Jahr 55 Prozent sich impfen lassen wollen. Im vergangenen Jahr hätten die Kassen 300 Millionen Euro für Grippeimpfstoff ausgegeben und rund 200 Millionen Euro für die Dienstleistungen der niedergelassenen Ärzte. Für eine Impfung würden zwischen 7,50 und 10 Euro veranschlagt.
STIKO: Zusatzimpfungen erschwert
Für Menschen ab 60 Jahre empfiehlt die Ständige Impfkommission zusätzlich zur Grippeimpfung eine gegen Pneumokokken, bevorzugt den Impfstoff Pneumovax. Der stehe aber nicht zur Verfügung, sagte der Vorsitzende der STIKO, Professor Thomas Mertens in der Pressekonferenz.
Auch die Lieferkapazitäten für den Konjugatimpfstoff Prevenar 13 seien „limitiert“. Wenn er zur Verfügung stehe, könne jeder einzelne Arzt die Indikation für eine Impfung mit Prevenar 13 prüfen. Für Menschen mit Vorerkrankungen, speziell mit Immundefizienz, gebe es seitens der STIKO bereits die Empfehlung für eine Impfung mit Prevenar 13 und anschließender Auffrischung mit Pneumovax.
Pfizer: Prevenar 13 vollständig lieferbar
Dazu stellte das Arzneimittelunternehmen Pfizer auf Anfrage der „Ärzte Zeitung“ klar, dass Prevenar 13 in Deutschland vollständig lieferbar sei. Gegenüber den Vorjahren stelle das Unternehmen dem deutschen Markt zudem zusätzliche Mengen des Impfstoffes zur Verfügung.
„Dies haben wir zuständigen Behörden in den letzten Wochen und Monaten offengelegt“, heißt es in der schriftlichen Stellungnahme weiter. Prevenar 13 ist ein 13-valenter Pneumokokken-Konjugatimpfstoff, zugelassen ab einem Alter von sechs Wochen ohne obere Altersgrenze.
„Wir müssen die Impfquote bei Grippe hochtreiben“, sagte Mertens. Im vergangenen Jahr hätten die Impfstoffe gut gewirkt. Die Effektivität habe bei 60 Prozent gelegen. Mertens argumentierte für die Grippeimpfung auch in der Apotheke. Damit schaffe man ein niedrigschwelliges Angebot.
Kaum Grippe auf der Südhalbkugel
Wie sich das Zusammentreffen von Grippe- und SARS-CoV-2 auswirken wird, lasse sich nicht absehen, sagte der Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), Professor Lothar H. Wieler. Die Grippeimpfung sei aber ein entscheidender Aspekt der Vorsorge. Etwa 400.000 schwere Grippeerkrankungen im Jahr ließen sich damit vermeiden.
Die Schutzvorkehrungen gegen Corona könnten sich aber auch auf die Grippewelle auswirken. In Australien und Südamerika auf der Südhalbkugel, wo die Grippesaison bereits vorüber sei, sei die Grippewelle in diesem Jahr deshalb praktisch ausgefallen, sagte Wieler.
Ein Corona-Effekt bei der Sterblichkeit zeigt sich in Deutschland. Es seien bislang weniger Menschen an Infektionskrankheiten gestorben als sonst, sagte Wieler. Die Schutzmaßnahmen sorgten für weniger Tote aufgrund von Infektionskrankheiten. In den Krankenhäusern sei es zudem aufgrund der ausgefallenen Operationen zu weniger Toten aufgrund von Sepsen gekommen.