Gesetzentwurf
Spahn will Heilkunde für Notfallsanitäter – und MTA-Gesetz reformieren
Notfallsanitäter sollen künftig in Ausnahmesituationen invasive Maßnahmen durchführen dürfen. So sehen es Reformpläne von Minister Spahn vor. Außerdem will er die Ausbildung medizinisch-technischer Assistenzberufe reformieren – und das Schulgeld abschaffen.
Veröffentlicht:Berlin. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will Notfallsanitätern die Ausübung der Heilkunde erlauben. Bislang ist ihnen dies verboten. In bestimmten Situationen und in begrenztem Umfang sollen sie künftig auch invasive Maßnahmen ausüben dürfen.
Das geht nach Informationen der „Ärzte Zeitung“ aus einem Referentenentwurf des Gesundheitsministeriums für eine Reform der medizinisch-technischen Assistenzberufe (MTA-Reformgesetz) hervor. Der Gesetzesentwurf ist am Freitag in das Anhörungsverfahren verschickt worden.
So sollen Notfallsanitäter künftig bis zum Eintreffen eines Notarztes oder bis zum Kontakt mit einem Arzt per Telefon oder Video selbst heilkundliche, auch invasive Maßnahmen ausüben dürfen. Dies sollen sie allerdings nur dann dürfen, wenn sie erforderlich sind, einen lebensgefährlichen Zustand abzuwenden. Sie müssen diese Prozeduren im Rahmen ihrer Ausbildung erlernt haben und nachweisen können, dass sie sie beherrschen.
In der Ausbildungsverordnung (NotSan-APrV) sind in Anlage 1 Ziffer 7 diverse „lebenserhaltende Maßnahmen und Maßnahmen zur Abwendung schwerer gesundheitlicher Schäden bis zum Eintreffen der Notärztin oder des Notarztes“ genannt, die in der Ausbildung vermittelt werden.
Haftung geht auf Sanitäter über
In diesen Fällen soll künftig aber auch die komplette Haftung für die Eingriffe bei ihnen liegen. Geschützt werden soll die Notfallsanitäter über die Haftpflichtversicherungen ihrer Arbeitgeber, heißt es zur Begründung.
Geben Notfallsanitäter heute ohne ärztliche Anweisung etwa Medikamente oder intubieren sie Patienten, verstoßen sie gegen den Heilkundevorbehalt im Heilpraktikergesetz. Im schlimmsten Fall können sie strafrechtlich wegen Körperverletzung belangt werden. Helfen sie einer leblosen Person jedoch nicht, kann ihnen ein Verfahren wegen unterlassener Hilfeleistung drohen. Sie können sich bislang nur auf den Paragrafen 34 des Strafgesetzbuches (StGB) berufen, der den rechtfertigenden Notstand regelt.
Die Notfallsanitäter haben seit der Einführung des Berufs im Jahr 2014 immer wieder kritisiert, dass sie je nach Fall und Einschätzung nicht einmal über eine Versicherung abgesichert seien. Im Zweifelsfall müssen sie mit ihrem Privatvermögen haften.
Eine Reform auf Drängen des Bundesrats war im vergangenen Jahr zunächst gescheitert. Einige Bundesländer wollten den Heilkundevorbehalt öffnen, die Große Koalition hingegen wollte an der Delegation durch Ärzte festhalten. Bayern hatte schließlich Notfallsanitätern heilkundliche Maßnahmen durch eine Änderung des Rettungsdienstgesetzes erlaubt.
Kein Schulgeld mehr für Assistenzberufe
Mit der Reform will Spahn primär das MTA-Gesetz von 1993 modernisieren. Schulgeld, wie es bislang üblich ist, wäre dann verboten, zudem müssen verbindliche Ausbildungsverträge abgeschlossen werden. Statt „Medizinische Assistenten“ sollen die Ausbildungsgänge ab 2023 „Medizinische Technologen“ heißen. Betroffen sind die vier Assistenzberufe in Laboratorien, Radiologie, Funktionsdiagnostik und Veterinärmedizin.
„Das Gesetz ist ein weiterer Baustein unseres Gesamtkonzepts Gesundheitsfachberufe. Mit modernen Ausbildungsregelungen wollen wir mehr junge Menschen motivieren, sich für einen dieser wichtigen Berufe zu entscheiden“, sagte Spahn der „Ärzte Zeitung“.
Die Ausbildung der künftigen „Medizinischen Technologen“ soll mit der Reform kompetenzorientiert werden. Statt der bisher allgemeinen Ausbildungsvorgaben sollen sie mit der Reform konkreter werden.
Auch soll die die praktische Ausbildung ausgeweitet werden. Angehende Laboranalytiker müssten statt 1230 künftig 2000 praktische Ausbildungsstunden absolvieren. Bei den Radiologieassistenten stiege die Stundenzahl von 1600 auf 2100 und bei den Funktionsdiagnostikern von 2030 auf 2200 Stunden. Die Ausbildung soll künftig auch in Teilzeit absolviert werden können. Der Gesetzentwurf bedarf der Zustimmung des Bundesrats. (Mitarbeit: nös/af)