Neues Pflege-Gesetz

Städtetag ruft nach Finanzspritze

Der Bundestag hat grünes Licht für die Entlastung der Angehörigen von Pflegebedürftigen gegeben. Die Städte sehen nun hohe Kosten auf sich zukommen – und fordern einen Ausgleich.

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Pflegebedürftige Eltern stellen für die Kinder eine emotionale und organisatorische Belastung dar, deshalb sollen sie zumindest finanziell entlastet werden, betont Bundessozialminister Heil.

Pflegebedürftige Eltern stellen für die Kinder eine emotionale und organisatorische Belastung dar, deshalb sollen sie zumindest finanziell entlastet werden, betont Bundessozialminister Heil.

© Jana Bauch/dpa

Berlin. Die Kinder von Pflegebedürftigen sollen künftig nur noch in seltenen Fällen zur Kasse gebeten werden. Der Bundestag hat das „Angehörigen-Entlastungsgesetz“ am Donnerstag verabschiedet. Der Bundesrat muss der Regelung noch zustimmen.

Vorgesehen ist, dass sich Töchter und Söhne erst ab einem jährlichen Bruttoeinkommen von 100.000 Euro finanziell an der Pflege der Eltern beteiligen müssen. Bislang springt zunächst das Sozialamt ein, wenn Pflegebedürftige die Heimkosten nicht mehr zahlen können. In vielen Fällen holen sich die Behörden das Geld aber zumindest teilweise von den Angehörigen zurück.

Bundessozialminister Hubertus Heil (SPD) bezeichnete die jetzt verabschiedete Reform als „wesentlichen Schritt, um Menschen das Leben einfacher zu machen“.

Da die Pflegebedürftigkeit eines Angehörigen bereits eine emotionale und organisatorische Belastung sei, müssten die Betroffenen wenigstens vor unkalkulierbaren finanziellen Risiken geschützt werden.

Städtetag warnt

Der Deutsche Städtetag rechnet durch das „Angehörigen-Entlastungsgesetz“ mit Mehrkosten von jährlich 500 Millionen Euro für die Städte und fordert einen entsprechenden Ausgleich. Dieser sei gesetzlich bisher nicht vorgesehen, sagte Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, am Freitag dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

Nachgewiesene Mehrbelastungen müssten den Kommunen vollständig ausgeglichen werden. Es sei gut, „dass die Koalitionsfraktionen zusätzlich fordern, dass der Bund die Kostenentwicklung für die Kommunen bis 2025 evaluieren muss“.

Die Städte erwarten, dass stationäre und ambulante Pflegeleistungen künftig mehr nachgefragt werden, weil sich Angehörige seltener an den Kosten beteiligen müssen. Außerdem werde die Zahl pflegebedürftiger Menschen in den nächsten Jahren aufgrund der demografischen Entwicklung stark ansteigen, sagte Dedy.

Eigenbeteiligung steigt

Die Eigenbeteiligung von Pflegebedürftigen für einen Heimplatz betrug im ersten Quartal 2019 nach Angaben aus dem DAK-Pflegereport 1874 Euro im Bundesschnitt. Regional gibt es große Unterschiede: In Sachsen-Anhalt wurden im Schnitt 1203 Euro fällig, in NRW mit 2516 Euro das Doppelte (siehe nachfolgende Grafik).

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Die Grünen wollen den Pflege-Eigenanteil für Heimbewohner bei deutlich unterhalb von 690 Euro monatlich deckeln.

„Pflegebedürftigkeit wird immer mehr zu einem Armutsrisiko in Deutschland. Davor haben viele Menschen Angst“, sagte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckhardt am Freitag dem RND.

Zur Gegenfinanzierung fordern die Grünen dem Bericht zufolge die Einführung eines Steuerzuschusses zur Pflegeversicherung. Diese soll zudem an anderer Stelle von Ausgaben befreit werden. (dpa/ths)

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