58. DEGAM-Kongress

Stefanie Joos: Deutschland braucht ein lernendes Gesundheitssystem

Deutschland investiert viel in sein Gesundheitswesen, die Ergebnisse sind aber überschaubar. Professorin Stefanie Joos aus Tübingen skizzierte bei der DEGAM-Jahrestagung einen Ansatz, mit dem sich das ändern könnte.

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DEGAM Kongress am 28.09.2024 in Würzburg. Foto: Daniel Reinhardt/ÄrztezeitungStefanie Joos

DEGAM Kongress am 28.09.2024 in Würzburg. Foto: Daniel Reinhardt/ÄrztezeitungStefanie Joos

© Daniel Reinhardt

Würzburg. Wir haben kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsproblem: Einer der häufigsten Sätze in Diskussionen über das deutsche Gesundheitswesen, der auch auf dem 58. DEGAM-Kongress in Würzburg zu hören war. Professorin Stefanie Joos ist skeptisch, ob das zutrifft. Nach ihrer Wahrnehmung besteht im deutschen Gesundheitswesen durchaus ein Erkenntnisproblem, und zwar über die richtigen Maßnahmen, mit denen wir zum Beispiel zu einer höheren Lebenserwartung und besserer Lebensqualität bei stabilen Kosten kommen könnten.

Die Professorin für Allgemeinmedizin in Tübingen, Leiterin des Zentrums für öffentliches Gesundheitswesen und Versorgungsforschung und seit 2023 Mitglied im Sachverständigenrat (SVR) Gesundheit und Pflege, skizzierte in einer Keynote Lecture auf dem 58. DEGAM-Kongress in Würzburg, wie das aus ihrer und der Sicht des SVR erreicht werden könnte.

Für die hausärztliche Versorgung zählen dazu unter anderem die Etablierung eines Primärarztsystems, eine Jahrespauschale für den hausärztlichen Bereich und eine interprofessionellere Zusammenarbeit im Team, als das bislang der Fall ist.

Ansatz aus Australien könnte helfen

Erreicht werden könne dies etwa in einem lernenden Gesundheitssystem, das Wissenschaft, IT, Anreize sowie Kultur und Haltungen auf eine kontinuierliche Verbesserung, auf Innovation und Chancengleichheit ausrichtet. Wichtig sei auch eine Beteiligung von Bürgern und Patienten in diesen Prozess.

Wie lassen sich nun die Prinzipien eines solchen lernenden Gesundheitssystems in die Primärversorgung übertragen? Hierzu haben australische Forscher einen Ansatz entwickelt, den Joos in Würzburg vorstellte. Dazu gehören:

  • Forschungs- und IT-Infrastruktur: Echtzeitzugriff auf Daten und Wissen
  • Partnerschaft zwischen Patient und Behandelnden: Eine für Patienten zugängliche ePA und Partizipation von Bürgern
  • Anreize: Incentives für das gesamte Team, für Qualität sowie Forschung, Aus- und Weiterbildung
  • Lernkultur: Transparenz über die Zielerreichung, eine von der Führung verankerte Leitkultur, systemische Qualitätsarbeit
  • Struktur und Governance: Förderung von Forschung, Zusammenarbeit und Lernen auf allen Qualifikationsebenen und professionsübergreifend

Joos sieht eine Chance, dass die Forschungspraxennetze an verschiedenen deutschen Universitätsstandorten dazu beitragen, dass sich das deutsche Gesundheitswesen in diese Richtung entwickeln wird. In Deutschland existieren bislang sechs allgemeinmedizinischen Forschungspraxisnetzwerke sowie mit dem DESAM-ForNet eine gemeinsame Koordinierungsstelle. (di)

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