Steigen Bayerns Hausärzte aus der KV aus?

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MÜNCHEN (sto). Werden in den kommenden Wochen Tausende von Hausärzten in Bayern in einer konzertierten Aktion ihre Zulassung zurückgeben? Eine wichtige Vorentscheidung in dieser Frage fällt heute in Nürnberg. Dort will der Bayerische Hausärzteverband mit einer Korbveranstaltung seine Entschlossenheit zum Systemumstieg demonstrieren.

Weil die Demonstrationen der Hausärzte im vergangenen Jahr bei Politikern und Kassen keine Wirkung gezeigt haben und weil sich die Situation der hausärztlichen Versorgung in den kommenden Jahren dramatisch verschlechtern wird, hat der Bayerische Hausärzteverband (BHÄV) nun zum kollektiven Zulassungsverzicht aufgerufen. "Wir haben jetzt die große Chance, uns vom Joch der Krankenkassen und der Politik zu befreien", erklärte der Vorsitzende des BHÄV, Dr. Wolfgang Hoppenthaller.

Ausstieg dann, wenn 70 Prozent das wollen

Zu der Korbveranstaltung in Nürnberg, die der Auftakt für den kollektiven Zulassungsverzicht bayerischer Hausärzte sein soll, erwartet Hoppenthaller mindestens 6000 Kollegen. Die sollen dort ihre mit Praxisstempel und Unterschrift versehenen Verzichtserklärungen unter den Augen der Öffentlichkeit in eine versiegelte Urne einwerfen, die dann bei einem Notar deponiert wird. Nur wenn sich bis Ende März 70 Prozent der insgesamt etwa 8900 Hausärzte in Bayern an der Aktion beteiligen, soll der nächste Schritt für den Umstieg erfolgen.

Die Großveranstaltung in Nürnberg ist der vorläufige Höhepunkt einer beispiellosen Aktion, mit der der Bayerische Hausärzteverband mit Hoppenthaller an der Spitze in den vergangenen Jahren immer wieder Politiker, Kassen und KV unter Druck setzt. Vor allem die CSU, die im Herbst Landtagswahlen zu bestehen hat, geriet dabei immer wieder ins Visier.

Jüngstes Beispiel ist eine Äußerung von Bayerns Sozialministerin Christa Stewens, die vor einem Systemausstieg gewarnt hatte, weil dadurch die medizinische Versorgung von Kranken und Älteren massiv gefährdet werde. Prompt hat Hoppenthaller diese Auffassung in einem Brief an Stewens, an Bayerns Ministerpräsidenten Günther Beckstein und an den Vorsitzenden der CSU-Landtagsfraktion Georg Schmid als "gezielte Stimmungsmache gegen die bayerischen Hausärzte" zurückgewiesen.

KV und Krankenkassen auf Gegenkurs

Seit Wochen sind die Hausärzte in Bayern von allen Seiten mit zahllosen Briefen, Faxen, E-Mails und Rundschreiben eingedeckt worden, in denen ihnen je nach Interessenlage Vor- und Nachteile eines kollektiven Zulassungsverzichts dargestellt wurden. Hoppenthaller setzt auf die "Macht des Faktischen" und hofft auf Direktverträge mit den Krankenkassen.

"Wir werden gegen den Systemausstieg der Hausärzte mit allen legalen Mitteln vorgehen", sagte dagegen der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns Dr. Axel Munte am Wochenende in einem Zeitungsinterview.

Ins gleiche Horn stoßen auch die Krankenkassen. In einem Rundbrief an alle Mitglieder des Bayerischen Hausärzteverbandes betonen die Krankenkassen, man werde "keine Anstrengungen scheuen" für Behandlungsmöglichkeiten zu sorgen.

Schritte in den kollektiven Ausstieg

Wenn bis zum Ende des 1. Quartals 70 Prozent der Hausärzte eines Regierungsbezirks ihr Votum für einen Systemausstieg abgegeben haben, soll in einer eigens einberufenen Versammlung darüber abgestimmt werden, ob die Zulassungsverzichtserklärungen endgültig dem Zulassungsausschuss übergeben werden. Innerhalb von sieben Tagen nach der Versammlung besteht dann für jeden nochmals die Gelegenheit, die Zulassungsverzichtserklärung zurückzuziehen oder dem Ausstieg beizutreten. Wenn die Quote der teilnehmenden Hausärzte nach den sieben Tagen nicht unter 68 Prozent sinkt, werden die Zulassungsverzichtserklärungen gesammelt dem zuständigen Zulassungsausschuss übergeben. Bis zu diesem Zeitpunkt bleiben die Namen der teilnehmenden Hausärzte anonym.

Sollte die 70-Prozent-Marke primär nicht erreicht werden oder die Quote innerhalb der Sieben-Tage-Frist unter 68 Prozent sinken, werden die Teilnahmeerklärungen unter notarieller Aufsicht vernichtet und die Aktion ist beendet. Die Namen der Teilnehmer bleiben in diesem Fall anonym. (sto)

Lesen Sie dazu auch: Bayerns Hausärzte vor dem Ausstieg aus dem KV-System

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