Tarifstreit eskaliert
Streiks an kommunalen Kliniken möglich
Der Marburger Bund hat die Verhandlungen über einen neuen Tarifvertrag für die rund 55.000 Ärzte an kommunalen Krankenhäusern für gescheitert erklärt. Nun könnte es in mehreren Kliniken zu Warnstreiks kommen.
Veröffentlicht:BERLIN. Nach drei ergebnislosen Verhandlungsrunden mit der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) über einen neuen Tarifvertrag für die rund 55.000 Ärzte an kommunalen Krankenhäusern hat die Große Tarifkommission des Marburger Bundes (MB) am Samstag in Berlin das Scheitern der Verhandlungen erklärt. Die bisherigen Angebote der VKA wies der MB als nicht akzeptabel zurück.
„Die VKA hat diesen Abbruch provoziert. In allen für uns entscheidenden Punkten standen die Arbeitgeber auf der Bremse. Wir haben auf eine Einigung am Verhandlungstisch gesetzt, aber ein Angebot erhalten, das wir als Versuch verstehen müssen, uns die Selbstachtung zu nehmen“ sagte der MB-Vorsitzende Rudolf Henke am Samstag vor Journalisten.
Die Ärztegewerkschaft wird nun die Urabstimmung vorbereiten. In der Zwischenzeit seien Warnstreiks möglich. Auf jeden Fall werde ein Notdienst organisiert, der die Versorgung sicherstellt. Der MB sieht sich dabei nicht unter Zeitdruck und erwartet auch Reaktionen der Arbeitgeber.
Drei große Streitthemen
In allen drei wesentlichen Punkten für einen neuen Tarifvertrag gibt es Dissens: Gehaltserhöhung, Reform des ärztlichen Bereitschaftsdienstes und dauerhafte Absicherung des Ärztetarifvertrages.
- Gehalt: Der Marburger Bund fordert eine Erhöhung um fünf Prozent bezogen auf ein Jahr. Die kommunalen Arbeitgeber hätten für 2019 1,4 Prozent angeboten, für 2020 weitere 0,83 Prozent. „Das ist eine Provokation“, so Henke. Der VKA hatte vergangenen Mittwoch von einem Angebot in Höhe von 5,4 Prozent für zwei Jahre gesprochen.
- Ärztlicher Bereitschaftsdienst: Der MB fordert eine Garantie für zwei freie Wochenenden pro Monat, ferner eine manipulationssichere Arbeitszeitdokumentation ohne jegliche Kappungen. Die VKA bietet 20 freie Wochenenden im Jahr an, wobei das Wochenende am Samstag um 10 Uhr beginnen solle. Ferner wollen die Arbeitgeber laut MB nachträglich eine Differenzierungsmöglichkeit nach dienstlich und nicht dienstlich veranlasster Anwesenheit im Bereitschaftsdienst in den Vertrag einbauen.
- Dauerhafte Absicherung des Tarifvertrages: Derzeit existiert zwischen MB und Verdi eine Vereinbarung, nach der beide Seiten darauf verzichten, sich gegenseitig zu verdrängen. Diese Vereinbarung ist allerdings kündbar. Darum verlangt der MB eine rechtsverbindliche Vereinbarung mit den Arbeitgebern, die die Möglichkeiten aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Tarifeinheitsgesetz vollständig ausschöpft. Der VKA hatte eine "rechtssichere Anerkennung" am vergangenen Mittwoch angeboten. (HL)