AOK-Familienstudie 2014

Stress macht Eltern zu schaffen

Die AOK-Familienstudie zeigt: Den meisten Eltern und Kindern in Deutschland geht es gut und sie fühlen sich gesund. Eine wichtige Einschränkung gibt es aber.

Von Taina Ebert-Rall Veröffentlicht:

BERLIN. Bereits zum dritten Mal hat die AOK im Rahmen ihrer Initiative "Gesunde Kinder, gesunde Zukunft" jetzt eine Familienstudie vorgelegt, die die Gesundheit von Familien und deren Bedürfnisse erfasst sowie Empfehlungen für ein gesünderes Leben mit Kindern gibt.

Sie zeigt, dass die Gesundheit der Kinder maßgeblich von der Gesundheit und den Lebensumständen ihrer Eltern abhängt.

Insgesamt stimmen die Ergebnisse der Familienstudie 2014 positiv. Zwei Drittel der befragten Eltern (67 Prozent) beschreiben ihren allgemeinen Gesundheitszustand als gut oder sehr gut. Körperlich, finanziell, psychisch und in der Partnerschaft geht es Eltern demnach besser als in der vorangegangenen Studie aus dem Jahr 2010 erhoben.

Ein Wermutstropfen ist der Faktor Zeit. Fast die Hälfte (46 Prozent) aller befragten Eltern nannten Zeitprobleme als die größte Alltagslast. Damit stieg dieser Wert im Vergleich zum Ergebnis von 2010 (41 Prozent) deutlich an.

Insgesamt wird die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter als tägliche Herausforderung mit immensem Koordinationsaufwand erlebt. In besonderem Maß trifft das Alleinerziehende.

Positiver Effekt flexibler Arbeitszeiten

Die Studie gibt aber auch Hinweise darauf, wie Familien die Belastung durch Zeitprobleme in den Griff bekommen können und was der Gesundheit von Familien gut tut. So weisen Eltern mit flexiblen Arbeitszeiten und verlässlicher Kinderbetreuung einen besseren Gesundheitszustand auf; auch haben deren Kinder weniger gesundheitliche Beschwerden.

Und die Studie erinnert daran, wie wichtig die gemeinsame Mahlzeit, das gemeinsame Gespräch oder die Familienunternehmung sind. Es sind vor allem diese kleinen Klassiker, die für einen gesunden Familienrhythmus sorgen.

"Familiengesundheit kann es nur geben, wenn es den Eltern gut geht und Kinder entspannt aufwachsen", sagt Kai Kolpatzik, Arzt und Leiter der Abteilung Prävention im AOK-Bundesverband.

Die AOK-Familienstudie 2014 knüpft an die in den Jahren 2007 und 2010 erhobenen Vorgängerstudien an. Sie basiert auf einer repräsentativen Telefonbefragung von 1503 Eltern mit Kindern zwischen vier und 14 Jahren. Die Studie wurde im November 2013 vom Heidelberger Sinus-Institut im Auftrag der AOK durchgeführt.

Wissenschaftlich begleitet wurde die Studie von der Professorin für Gesundheitswissenschaften und Direktorin der Forschungsgruppe "Child Public Health" am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Ulrike Ravens-Sieberer und Professor Klaus Hurrelmann, Erziehungs- und Sozialforscher der Hertie School of Governance in Berlin.

Der allgemeine Gesundheitszustand der Eltern wurde anhand des General Health Index (GHI) ermittelt, daneben flossen Fragen nach körperlichen und seelischen Problemen in die Erhebung ein. Zur Messung der Kindergesundheit orientiert sich die Studie am international standardisierten Verfahren Health Behaviour of School Aged Children (HBSC).

Dazu wurde erhoben, wie oft ein Kind unter Rückenschmerzen, Bauchschmerzen, Kopfschmerzen, Nervosität, Einschlafstörungen, Schwindel/Benommenheit, Gereiztheit und Unwohlsein leidet. Der HBSC ist positiv, wenn in den vergangenen sechs Monaten wiederkehrend zwei oder mehr Beschwerden mehrmals pro Woche oder täglich auftreten.

Jedes fünfte Kind hat Beschwerden

Im Zentrum der Erhebung stand unter anderem die Frage, wie die Eltern den Gesundheitszustand ihrer Kinder wahrnehmen und welche Aspekte positiv oder negativ auf den Gesundheitsstatus der Kinder wirken.

Aber auch die Fragen: Welche Belastungen machen Eltern im Alltag zu schaffen? Welche Ressourcen und Bedarfe haben die Eltern bei der Bewältigung des Familienalltags? Welche Rolle spielen Routinen und Regeln im Familienalltag (z.B. gemeinsame Mahlzeiten, Aktivitäten mit den Kindern? Und wie sicher sind sich die Väter und Mütter in ihrer Elternrolle?

Nach Kolpatziks Worten belegt die Studie: "Sind Eltern gesund und mit dem Familienleben zufrieden, haben Kinder seltener gesundheitliche Beschwerden." Dazu gehört nach den Erkenntnissen der Studie auch, dass sich Eltern Zeit für sich und auch Zeit allein mit dem Partner oder der Partnerin nehmen sollten.

Nach Einschätzung der befragten Eltern geht es den meisten Kindern (80 Prozent) gut. Dennoch tauchen bei jedem fünften Kind wiederkehrende multiple Beschwerden auf - und der Zusammenhang von Bildung und Gesundheit wird in der Studie belegt.

Zudem zeigte sich in der Erhebung, dass die psychische und soziale Anpassung der Kinder von ihrem Gesundheitszustand abhängt. So haben gesunde Kinder seltener Probleme in der Schule und in der Kita und können auch besser aufpassen.

Einen wichtigen Beitrag zur Kindergesundheit leisten, so hatten die vorangegangenen Studien ergeben, Routinen und Regeln im Familienleben. Zu den schönsten Familienmomenten gehören demnach vor allem gemeinsame Mahlzeiten, aber auch Gespräche mit den Kindern und gemeinsames Lesen beziehungsweise Vorlesen.

Für die Mehrheit der Familien gehören tägliche Gewohnheiten, Rituale und Regeln fest zum Familienleben. Der Studie zufolge fällt jedoch auf, dass der Familienalltag bei bildungsfernen Eltern oft weniger strukturiert abläuft als bei Eltern mit mittlerer oder hoher Bildung: Während nur etwa drei Viertel der bildungsbenachteiligten Eltern tägliche Gewohnheiten mit den Kindern kennen und feste Regeln mit ihnen vereinbaren, sind es bei den besser Gebildeten fast 90 Prozent.

Empfehlung aus der Studie: Vier Tipps für ein gesünderes Familienleben

Die vier Empfehlungen der Familienstudie sind aus den Ergebnissen der repräsentativen Befragung von Eltern abgeleitet:

1. Auf die eigene Gesundheit achten, Auszeiten nehmen

Achten Sie auf ihre eigene Gesundheit, das kommt der Gesundheit Ihrer Kinder direkt zugute. Achten Sie auch auf Ihre Partnerschaft und Ihr Familienleben, denn auch sie bestimmen die Gesundheit Ihrer Kinder mit. Nehmen Sie sich hin und wieder Auszeiten für sich allein und Zeit mit Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin.

2. Gemeinsame Zeit mit der Familie verbringen

Verbringen Sie so viel gemeinsame Zeit mit Ihrer Familie wie möglich. Nehmen Sie mindestens eine Mahlzeit pro Tag gemeinsam mit Ihren Kindern ein. Unternehmen Sie etwas zusammen. Bewegen Sie sich so viel und oft wie möglich gemeinsam mit Ihren Kindern. Nutzen Sie Medien öfter gemeinsam in der Familie.

3. Ein breites Unterstützungs-Netzwerk aufbauen

Bauen Sie sich ein breites Netzwerk für Ihre Unterstützung und die Unterstützung Ihres Kindes aus Familienmitgliedern, Nachbarn, Freunden und Erziehern sowie Pädagogen aus Kita und Schule auf. Bauen Sie Kontakte zum Nahumfeld auf und pflegen sie diese. Unterstützen Sie Ihr Kind dabei, in Kita und Schule Freunde zu finden, zeigen Sie Interesse an der Kita oder Schule Ihres Kindes.

4. Gesundheitliche Signale des Kindes ernst nehmen

Kinder zeigen Probleme in der Kita und der Schule oder Probleme mit Freunden oft nicht direkt, sondern verbergen sie. Versuchen Sie, die versteckten Signale Ihres Kindes, die sich durch körperliche und psychische Reaktionen offenbaren, sensibel zu interpretieren.

Schenken Sie Ihrem Kind viel Aufmerksamkeit, reden Sie mit Ihrem Kind, sprechen sie über alltägliche Dinge, tauschen Sie sich aus und schenken Sie ihm regelmäßig ungeteilte Aufmerksamkeit zum Beispiel beim Vorlesen, Spielen oder bei Problemen.

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