TK-Analyse
Stressiges Leben
Sechs von zehn Bundesbürger empfinden ihr Leben als stressig. Daran ist nicht nur der Job schuld, wie ein aktueller TK-Report zeigt. Große Unterschiede gibt es darin, was Frauen und was Männer stresst.
Veröffentlicht:BERLIN. Job, Familie, finanzielle Sorgen: 53 Prozent der Erwachsenen in Deutschland sagen, dass das Leben nach eigenem Empfinden in den vergangenen Jahren stressiger geworden ist.
Insgesamt bewerten fast sechs von zehn Deutschen ihr Leben als stressig. Frauen fühlen sich häufiger gestresst als Männer. Das geht aus einer Studie der Techniker Krankenkasse (TK) hervor, die am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde.
Das Institut Forsa hat dafür im September 2013 insgesamt 1000 Menschen befragt. Die Ergebnisse seien repräsentativ, hieß es.
Stress nicht gleich Stress
Demnach ist vor allem der Job ein Stressfaktor: Zwei Drittel der Berufstätigen sagten, dass die Arbeit den Stresspegel nach oben treibe (47 Prozent).
An zweiter Stelle stehen die Ansprüche an sich selbst (41 Prozent). Private Konflikte nannten 34 Prozent als einen Stresstreiber in ihrem Leben. Geldsorgen verursachen immerhin noch bei 27 Prozent Stress.
TK-Chef Jens Baas betonte jedoch, dass Stress nicht gleich Stress ist: "Nicht immer sind äußere Umstände die Ursache für die Anspannung, oft ist es auch eine Frage der inneren Einstellung."
Stress müsse nicht per se schlecht sein. Für einige sei es auch ein Antrieb für gute Leistung: Laut Studienergebnissen sagt jeder zweite Berufstätige, dass ihn Stress ansporne, jeder Fünfte laufe erst unter Druck zu Hochform auf.
Alarmierend sei allerdings die Tatsache, dass sich bereits 40 Prozent der Berufstätigen abgearbeitet fühlten, jeder Dritte sogar ausgebrannt, betonte Baas.
"Entscheidend ist, dass man über genügend Ressourcen verfügt, die man dem Stress entgegen setzen kann", so der TK-Chef.
Jede Vierte unter Dauerdruck
Besonders belastet sind laut Studienergebnissen Menschen zwischen 36 und 45 Jahren. 80 Prozent dieser Generation fühlen sich unter Druck.
Die Autoren der Studie nannten als einen möglichen Grund, dass sich Angehörige dieser Altersgruppe oft gleichzeitig um Beruf, Kinder und die eigenen Eltern kümmerten.
Besonders Frauen stehen unter Strom. "Die Hauptlast bleibt auch heute noch oft an den ihnen hängen", so Baas.
Von den Frauen seien 63 Prozent gestresst, während das nur für 52 Prozent der Männer gelte, heißt es in der Studie. Knapp ein Viertel der Frauen stehe sogar unter Dauerdruck, bei den Männern sei es nicht einmal ein Fünftel.
Frauen setzen sich vor allem selbst unter Druck: Sie lassen sich laut Studie weniger von der Arbeitswelt stressen als Männer. 48 Prozent der befragten Frauen nannten die hohen Ansprüche an sich selbst als größten Stressfaktor, 43 Prozent der Befragten wertete den Beruf als größte Last.
Selten sei es jedoch die Arbeitslast im Job allein, die den Stress auslöse, betonte Baas.
Kritisch werde es, wenn entweder soziale Belastungsfaktoren wie mangelnde - auch finanzielle - Anerkennung, zu wenig Handlungsspielraum und Konflikte mit Kollegen und dem Chef hinzukämen. Zudem dürfe der Ausgleich neben der Arbeit nicht fehlen.
Arbeitswelt ohne Stress ist Utopie
"Vier von zehn Berufstätigen geben an, dass sie ständig erreichbar sind, mehr als jedem Dritten gelingt es auch nach Feierabend und am Wochenende nicht, richtig abzuschalten", sagte Forsa-Geschäftsführer Professor Manfred Güllner.
Die Folgen des Dauerstresses seien Schlafstörungen, Kopfschmerzen und Gereiztheit. "Gestresste Menschen haben gegenüber Entspannten ein fast viermal so hohes Risiko für seelische Beschwerden", betonte Güllner.
Baas forderte, dass die Stressprävention viel früher ansetzen müsse, zum Beispiel in den Betrieben und in Schulen. Schließlich sei eine Arbeitswelt ohne Stress Utopie.
Daher müssten die Menschen lernen, entsprechend mit dem Stress umzugehen.