Pflege

Studie: In Deutschland ist Pflegearbeit noch immer Frauensache

In Deutschland leisten Frauen im Vergleich zu Männern deutlich mehr häusliche Altenpflege als in anderen europäischen Staaten. Allerdings gibt es auch Länder, in denen das Ungleichgewicht noch deutlich größer ist.

Veröffentlicht:
Männer, die Angehörige pflegen, gibt es in Deutschland immer noch viel zu selten.

Männer, die Angehörige pflegen, gibt es in Deutschland immer noch viel zu selten.

© Ute Grabowsky / photothek / picture alliance

Berlin. Frauen leisten laut einer Studie in allen Ländern Europas den größten Teil der häuslichen Pflege von Angehörigen. Für die am Mittwoch in Berlin veröffentlichte Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) wurden 17 europäische Länder verglichen. Nach den Erkenntnissen der Studienautoren ist der sogenannte Gender Care Gap in den Ländern kleiner, in denen mehr Geld für das formelle Pflegesystem ausgegeben wird.

Mitverantwortlich für die ungleiche Verteilung ist aber auch der Arbeitsmarkt: In Deutschland gehen Frauen seltener einer Erwerbsarbeit nach und verdienen weniger, weshalb sie dann öfter als Männer für die Pflege von Angehörigen ihre Arbeitszeit reduzieren oder die Erwerbstätigkeit ganz aufgeben.

„Die Geschlechterungleichheiten in der informellen Pflege hängen mit Investitionen im Gesundheitswesen, dem Pflegesystem und den Strukturen des Arbeitsmarktes zusammen“, fasst Mia Teschner, wissenschaftliche Mitarbeiterin am DIW Berlin, die Ergebnisse zusammen.

Höchster Gender Care Gap in Luxemburg, Griechenland und Kroatien

Konkret zeigt die Studie, dass Frauen in allen Ländern öfter informelle Pflege als Männer leisten. In Portugal, der Schweiz und Schweden ist der Unterschied am geringsten. Hier pflegen Frauen etwas weniger als doppelt so oft wie Männer. In den Ländern mit dem höchsten Gender Care Gap - Luxemburg, Griechenland und Kroatien - ist der Anteil der pflegenden Frauen rund dreimal so hoch wie der Anteil pflegender Männer. Deutschland liegt im Mittelfeld: Frauen pflegen etwas mehr als doppelt so häufig die Angehörigen wie Männer.

Die Ergebnisse der Analyse zeigen darüber hinaus, dass in Ländern, in denen insgesamt die Ausgaben für Langzeitpflege höher sind, wie etwa in Schweden, Belgien oder der Schweiz, der Gender Care Gap geringer ist. Auf der anderen Seite zeigen sich in Ländern vergleichsweise hohe geschlechtsspezifische Unterschiede in der privat geleisteten Pflege, in denen die Ausgaben für Langzeitpflege gering sind, wie etwa Kroatien oder Griechenland. Deutschland ordnet sich hier in beiden Dimensionen im Mittelfeld ein.

Mehr in formelle Pflege investieren

Nach Auffassung der Studienautoren kann Deutschland von den Ländern mit geringem Gender Care Gap wie Schweden oder Schweiz lernen. Die Bundesrepublik sollte mehr in formelle Pflege investieren, um Angebot und Qualität zu erhöhen und um den Aufwand der Angehörigen für die informelle Pflege zu verringern.

„In einer klugen Mischung könnten die höheren Ausgaben für die formelle Pflege aus Steuern oder höheren Beiträgen zur Pflegeversicherung finanziert werden. Zudem könnten die Pflegeversicherung zu einer Bürgerversicherung ausgeweitet werden“, heißt es.

Zudem müssten mehr Männer für die informelle Pflege mobilisiert werden. Entscheidend sei dafür, dass die Ungleichheit zwischen Männern und Frauen auf dem Arbeitsmarkt reduziert werde. (KNA)

Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Glasglobus und Stethoskop, eingebettet in grünes Laub, als Symbol für Umweltgesundheit und ökologisch-medizinisches Bewusstsein

© AspctStyle / Generiert mit KI / stock.adobe.com

Klimawandel und Gesundheitswesen

Klimaschutz und Gesundheit: Herausforderungen und Lösungen

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein MRT verbraucht viel Energie, auch die Datenspeicherung ist energieintensiv.

© Marijan Murat / dpa / picture alliance

Klimawandel und Gesundheitswesen

Forderungen nach Verhaltensänderungen und Verhältnisprävention

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

© Frankfurter Forum für gesellschafts- und gesundheitspolitische Grundsatzfragen e. V.

Das Frankfurter Forum stellt sich vor

Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Kommentare
Andreas Hoffmann 14.02.202412:10 Uhr

Einmal mehr soll einer sozialistischen Agenda ein wissenschaftliches Gewand angelegt werden… Den Studienautoren ist eine traditionelle Familienstruktur offenbar ein Dorn im Auge, steht diese doch dem Ideal des Kollektivismus im Wege. Der Staat soll es richten, mehr Steuern, mehr Beiträge, weniger Selbstbestimmung und -verantwortung. Während Putin für ein neues altes russisches Reich kämpft, kämpfen deutsche „Wissenschaftler“ für die DDR 2.0 - widerlich!

Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Fünf Studien

Lohnt sich Blutdrucksenkung unter 120 mmHg?

Maternale Risdiplam-Behandlung

Erfolgreiche Therapie bei einem Fetus mit spinaler Muskelatrophie

MASAI-Studie

KI könnte das Mammografiescreening effizienter machen

Lesetipps
Frau telefoniert

© Matthias Balk / picture alliance

Kontakt mit Patienten

Arztpraxis ohne Telefon: Kann das funktionieren?

Ein Arzt ist im Gespräch mit seinem Patienten. Der Arzt hält ein Herzmodell in der Hand.

© rocketclips / stock.adobe.com

Zwei Millionen Erwachsene untersucht

Zehn Jahre länger leben ohne fünf kardiovaskuläre Risiken