Informelle Pflege

TK-Report: Wer privat pflegt, will früher in Rente gehen

In Deutschland leisten Angehörige und Freunde den Löwenanteil bei der Pflege. Eine Studie der Techniker Kasse zeigt: Viele der privat Pflegenden wollen früher in Ruhestand gehen. Für den Arbeitsmarkt ist das keine gute Nachricht.

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Herkulesaufgabe Angehörigenpflege: In Deutschland werden sieben von zehn Pflegebedürftigen zu Hause versorgt.

Herkulesaufgabe Angehörigenpflege: In Deutschland werden sieben von zehn Pflegebedürftigen zu Hause versorgt.

© Ute Grabowsky / photothek / picture alliance

Berlin/Hamburg. Langzeitpflege in Deutschland ist vor allem Aufgabe von Angehörigen und nahen Freunden: Sieben von zehn pflegebedürftigen Menschen werden zu Hause versorgt (71 Prozent), wie eine am Donnerstag vorgelegte Auswertung der Techniker Krankenkasse (TK) von Versichertendaten zeigt. Knapp 39 Prozent der Befragten, die Angehörige pflegen, sind Männer – mehr als 61 Prozent hingegen Frauen.

Für die informell Pflegenden – egal, ob weiblich oder männlich – stellt der Job eine Herkulesaufgabe dar. Körperlich wie seelisch. Doch auch auf den Arbeitsmarkt könnte die zusätzliche Belastung durch den privaten „Pflegejob“ erhebliche Auswirkungen zeitigen, wie aus dem Gesundheitsreport 2024 der TK hervorgeht.

Fehlende Zeit, sich Pflegewissen anzueignen

So gibt knapp ein Drittel (31 Prozent) der erwerbstätigen Pflegepersonen ab 50 an, vor dem gesetzlichen Rentenalter aus dem Job ausscheiden zu wollen. Von den Beschäftigten über 50, die Angehörige pflegen, äußern sogar 44 Prozent den Wunsch, früher in den Ruhestand zu gehen. Bei jenen ohne Pflegeverantwortung im häuslichen Umfeld sind es 29,5 Prozent.

Das Institut für Betriebliche Gesundheitsberatung befragte im Auftrag der Techniker mehr als 1.000 Erwerbstätige ab 50 sowie 311 Arbeitgeber zum Thema Renteneintritt, zu ihren Wünschen und den entsprechenden Angeboten der Arbeitgeber.

„Gerade Angehörigen, die Berufs- und Pflegealltag miteinander vereinbaren müssen, fehlt oft die Zeit, sich Pflegewissen anzueignen“, kommentierte Thomas Ballast, stellvertretender Vorstandschef der TK, die Ergebnisse der Studie. Nötig seien daher gezielte Angebote für pflegende Angehörige, damit diese sich im Pflegealltag besser zurechtfinden und organisieren könnten, „ohne dabei die eigene Gesundheit aus dem Blick zu verlieren“.

Hilfe für Deutschlands größten Pflegedienst

Um Betroffene die Pflegesituation noch mehr zu erleichtern, setze sich die TK bei der Politik dafür ein, monatliche Entlastungsleistungen zu einem flexibel einsetzbaren Jahresbudget zusammenzufassen, so Ballast. Zudem mache sich die Kasse für ein bundesweites Onlineportal für freie Pflegekapazitäten stark.

In Deutschland sind aktuell rund fünf Millionen Menschen pflegebedürftig – das Gros davon wird ambulant versorgt, nur rund 750.000 Menschen in Alten- und Pflegeheimen. Deren Eigenanteile waren zuletzt erneut gestiegen – trotz der nach Aufenthaltsdauer gestaffelten Zuschüsse der Pflegekassen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat für den Herbst den Entwurf für ein neues Pflegegesetz angekündigt. (hom)

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