GBA-Kehrtwende
Tele-AU bis 4. Mai möglich!
Rolle rückwärts: Der GBA erlaubt es Ärzten nun doch weiterhin, eine AU für Patienten mit oberen Atemwegsinfekten nach einem ausschließlichen Telefonkontakt auszustellen – allerdings gelten Modifikationen. Ärzteverbände reagieren erleichtert, aber es gibt auch Kritik.
Veröffentlicht:Berlin. Ärzte können Patienten mit einer leichten Erkrankung der oberen Atemwege vorerst weiterhin telefonisch krankschreiben. Das hat der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) am Dienstag bekannt gegeben.
Das Ausstellen einer Tele-AU ist für bis zu sieben Tage möglich. Bei Bedarf kann die AU um weitere sieben Tage verlängert werden. Die Ausnahmeregelung gilt vorerst bis zum 4. Mai.
Verlängerung im Sinne der Hausärzte
GBA-Chef Professor Josef Hecken zeigte sich überzeugt, dass die Verlängerung im Sinne der Hausärzte ist. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) trage den Beschluss „ja mit“, sagte Hecken am Dienstag der „Ärzte Zeitung“. Der 4. Mai sei zudem ein Termin, zu dem auch „andere Maßnahmen zur schrittweisen Rücknahme von Sonderregelungen“ beschlossen worden seien.
„Ich bin froh, dass es in der Sache doch noch eine Korrektur in unserem Sinne gegeben hat“, reagierte der KBV-Vize Dr. Stephan Hofmeister, auf den neuerlichen GBA-Beschluss. Die KBV hatte – wie andere Ärzteorganisationen auch – vehement auf eine Fristverlängerung bei der Tele-AU gedrängt. Der GBA hatte am vergangenen Freitag entschieden, die Sonderregelung zeitlich nicht zu strecken. Am Montag ruderte der GBA dann zurück.
GBA-Chef Hecken betonte, bei der zunächst beschlossenen Rücknahme der Sonderregelung zur Tele-AU habe sich das Gremium „im Einklang mit anderen Maßnahmen zur Lockerung“ gewähnt. „Dies wurde dann tagesaktuell, wie so Vieles im Moment, anders bewertet.“
Baumgärtner: „Zu kurz gesprungen“
„Die Rücknahme des GBA-Beschlusses war ein erster Schritt. Aber es ist jetzt schon klar, dass man zu kurz gesprungen ist“, kommentierte MEDI-Vorstandschef Dr. Werner Baumgärtner. Die Tele-AU-Regelung müsse „mindestens“ im zweiten Quartal 2020 gelten, sagte Baumgärtner der „Ärzte Zeitung“. Unabhängig von Corona sei zu überlegen, eine Video-AU zu etablieren.
Ganz ähnlich sieht das der Berufsverband Deutscher Internisten (BDI). „Wir begrüßen, dass der GBA den gemachten Fehler relativiert und korrigiert hat“, so BDI-Geschäftsführer Tilo Radau. Man sei aber skeptisch, ob das Problem jetzt nicht nur um zwei Wochen verschoben werde.
Der Verband sorgt sich dabei vor allem um die chronisch kranken Patienten, die in den Praxen versorgt werden. Für diese sei es wichtig, dass Patienten mit leichten Atemwegserkrankungen wegen der Risikolage eben nicht in die Praxen kommen müssen für eine AU. Zumal es ja noch immer an Schutzausrüstung für die Praxen fehle. Der BDI hofft, dass der GBA in zwei Wochen einen Beschluss mit Weitsicht fasst.
KV Rheinland-Pfalz „sehr erstaunt“
Auch die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Rheinland-Pfalz mahnte einen größeren Zeitrahmen an. Man sei „sehr erstaunt“, dass die Fristverlängerung nur bis zum 4. Mai beschlossen worden sei, teilte die KV auf Anfrage mit. Eine Änderung der Gefahrenlage für Praxen und Patienten sei bis dahin nicht zu erwarten. Die Regelung sei „mindestens“ bis Sommer 2020 zu verlängern.
Die gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Christine Aschenberg-Dugnus, betonte, es brauche über den Sommer hinaus eine „klare Strategie und Planungssicherheit für alle Beteiligten“. Im Übrigen sehe der ganze Verfahrensablauf „mehr nach Chaos als nach überlegtem Handeln“ aus.
Niedersachsens Gesundheitsministerin Dr. Carola Reimann (SPD), betonte, die Tele-AU verhindere volle Wartezimmer und senke das Infektionsrisiko für Patienten als auch für das Praxispersonal. (Mitarbeit af, ato)