KBV-Zwischenbilanz
Terminservicestellen sind nicht der Renner
Sechs Monate gibt es nun die Termineservicestellen. Bislang stoßen sie auf wenig Resonanz, berichtet die KBV. Das Modell bleibt bei Ärzten umstritten.
Veröffentlicht:BERLIN. Die Sechs-Monats-Bilanz der Terminservicestellen (TSS) der Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) hat ein gemischtes Echo ausgelöst.
Die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) hochgerechneten 61.000 Vermittlungen bestätigten die Einschätzung, dass die Terminservicestellen angesichts von rund einer Milliarde Arzt-Patienten-Kontakten im Jahr nicht wirklich gebraucht würden, kommentierte KBV-Chef Dr. Andreas Gassen das Ergebnis.
Die gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Maria Michalk, bezeichnete die Kritik als verfrüht. "Die Terminservicestellen sind richtig, sinnvoll und patientenfreundlich", sagte die CDU-Politikerin am Montag der "Ärzte Zeitung".
TSS Teil des Versorgungsstärkungsgesetz
300 vermittelte Termine pro Werktag bedeuteten genau so viele Patienten, die zeitig einen Arzttermin bekommen hätten. Die Terminservicestellen hat die große Koalition mit dem Versorgungsstärkungsgesetz von Juli 2015 den KVen zur Vorgabe gemacht.
Hintergrund war eine vermeintliche Bevorzugung von Privatpatienten bei der Terminvergabe. Diese Anreize blieben auch mit den TSS bestehen, bemängelte die Grünen-Politikerin Maria Klein-Schmeink.
Schon vor Einführung der TSS habe das Gros der Patienten binnen vier Wochen einen Termin erhalten. Starttermin der TSS war der 25. Januar.
Über sie sollen gesetzlich versicherte Patienten nicht länger als vier Wochen auf einen Termin beim Facharzt warten. Die Dringlichkeit muss der Hausarzt in den meisten Fällen zuvor bestätigt haben. Ab 2017 sollen sich die Stellen auch um die Vermittlung von Terminen bei Psychotherapeuten kümmern.
Die von der KBV verbreiteten Zahlen sind nach Angaben eines Sprechers hochgerechnet aus den im Mai ermittelten Daten der elf KVen, die ein von der KBV-Telematik entwickeltes internetgestütztes System nutzen. 100 Tage nach dem Start hatte die KBV 31.000 vermittelte Termine ermittelt.
KV Hessen hat Personal abgebaut
Regional sorgt die schwache Nachfrage für Probleme. Die KV Hessen hatte die Arbeit im Januar ursprünglich mit zehn Mitarbeitern aufgenommen. 25.000 Vermittlungsanfragen im Monat waren erwartet worden. Inzwischen habe die KV bereits Personal abgebaut, bestätigte eine Sprecherin am Montag der "Ärzte Zeitung".
Bis einschließlich 5. August seien 5152 Termine vermittelt worden. Bei 38 bestätigten Vermittlungen am Tag gehe die KV nach wie vor davon aus, dass das Angebot "nicht erforderlich" sei.
Die Politik habe das Problem größer gemacht, als es sich darstelle, hieß es am Montag auch aus der KV Westfalen-Lippe. Die Terminservicestelle könne mit stabil 100 bis 200 Anrufen am Tag rechnen.
16.500 Anrufe seien bislang eingegangen, rund die Hälfte der Anrufer habe einen Dringlichkeitsvermerk des Hausarztes gehabt und damit Anspruch auf eine Vermittlung.
Bei rund zwei Millionen Überweisungen im KV-Bezirk je Quartal sei die Nachfrage allerdings gering, sagte ein Sprecher der KV Westfalen-Lippe.
Initiative für TSS-Abschaffung angekündigt
Allerdings zeige sich, in welchen Arztgruppen es Probleme gebe Das seien zum Beispiel Neurologen, Kardiologen, Rheumatologen oder auch Radiologen.
Regionale Schwachpunkte hätten sich bislang nicht herauskristallisiert. "Die gesetzliche Vorgabe erweist sich als Schuss in den Ofen", sagte der Vorsitzende des NAV Virchowbundes Dr. Dirk Heinrich.
Probleme einen Termin zu bekommen, gebe es lediglich in den Fächern, in denen es schlicht zu wenig Ärzte und Kliniken gebe. Das seien Rheumatologen, Nervenärzte und Psychiater. Stellenweise seien auch Augenärzte betroffen , sagte Heinrich der "Ärzte Zeitung".
Er kündigte eine Initiative des Verbandes niedergelassener Ärzte für die Abschaffung des Zwangs zur Einrichtung von Terminservicestellen nach der Bundestagswahl an.
Die Linke sieht die Gründe für Wartezeiten eher in einer fehlgeleiteten Bedarfsplanung und einer falschen Verteilung der Ärzte.
Ob Terminservicestellen die Versorgungslage in unterversorgten Regionen tatsächlich verbesserten, könne noch nicht abschließend bewertet werden", sagte Linken-Gesundheitspolitikerin Birgit Wöllert der "Ärzte Zeitung".
Die Partei plädiert unter anderem für eine stärkere Öffnung der Krankenhäuser für die ambulante Versorgung.
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