Klinikreform

Unikliniken fordern mehr Geld

Es fehlen viele Milliarden Euro: Die Unikliniken senden einen Alarmruf in die hinter verschlossenen Türen tagende Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Klinikreform. Dabei geht es ihnen nicht nur um die Sanierung maroder Bausubstanz.

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Ruine einer Klinik in Berlin als Sinnbild für bröckelnde Substanz. Die Unikliniken fordern mehr Geld.

Ruine einer Klinik in Berlin als Sinnbild für bröckelnde Substanz. Die Unikliniken fordern mehr Geld.

© Christian Thiel / imago

BERLIN. Die Universitätskliniken schlagen Alarm. Rund zwei Drittel der Häuser schrieben rote Zahlen warnten Vertreter des Verbands der Uniklinika Deutschlands (VUD) und des Medizinischen Fakultätentags (MFT) am Montag in Berlin.

Das Gesamtdefizit allein für die Jahre 2012 und 2013 belaufe sich auf 250 Millionen Euro, sagte VUD-Geschäftsführer Ralf Heyden. Bei den Investitionskosten fehlten inzwischen bereits 20 Milliarden Euro.

Als Ursachen für die Finanzierungskrise nannten die Sprecher der Hochschulmedizin steigende Kosten für Personal, Medikamente und Energie, rückläufige Investitionszuschüsse in den meisten Bundesländern und einen zu geringen finanziellen Ausgleich für die Behandlung von besonders schwer erkrankten Patienten und Patienten mit sehr seltenen Erkrankungen.

Aktionswoche soll Aufmerksamkeit erregen

In dieser Woche wollen die 33 Unikliniken mit Veranstaltungen und Pressekonferenzen bundesweit auf ihre Situation aufmerksam machen. Adressaten sind vor allem Bund und Länder, die derzeit in einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe Eckpunkte einer Klinikreform beraten.

Ein Systemzuschlag auf die Fallpauschalen dürfte dabei nicht herauskommen. Geplant sind Verbesserungen für die Hochschulambulanzen, eine stärkere Berücksichtigung von "Extremkostenfällen" sowie Zuschläge für die Notfallversorgung und Zentren. Die Vertreter von VUD und MFT äußerten Zweifel, ob die Länder in der Folge dieser Gespräche ihren Verpflichtungen bei der Investitionskostenfinanzierung wieder nachkommen würden.

Vor allem in den alten Bundesländern sind die Klinikbauten in die Jahre gekommen. Nicht selten gebe es auch mehrere Standorte oder die einzelnen Abteilungen seien über mehrere Pavillons verteilt, sagte VUD-Vorstand Gunter Gotal. Auch die Ausstattung in Informationstechnologie leide unter den strukturellen Defiziten.

Der Investitionsstau, den die Unikliniken vor sich herschöben, sei enorm. 18 bis 20 Milliarden Euro würde es kosten, um die 33 Standorte der Universitätskliniken wettbewerbsfähig zu machen, sagte Gotal. Die Abschreibungssystematik sorge zudem dafür, dass sich Eigeninvestitionen für die Kliniken dann als schädlich herausstellten, wenn sie es nicht schafften, ausreichend Rendite zu erwirtschaften.

Für Klinikbetriebe mit einer Umsatzrendite von 15 Prozent sei dies machbar. Die Uniklinika blieben mit ihren Renditen allerdings im unteren einstelligen Bereich.

Aus- und Weiterbildung junger Ärzte kaum berücksichtigt

Aufwand entsteht den Universitätskliniken aber auch durch ihre laufenden Aufgaben. In den Landeszuführungsbeiträgen sei die Aus- und Weiterbildung junger Ärzte zu schwach berücksichtigt, sagte die scheidende Dekanin der Charité und MFT-Vizepräsidentin, Professor Annette Grüters-Kieslich.

Die Studenten benötigten die jeweils neuesten Geräte, um nicht mit bereits veraltetem Wissen in den Beruf zu gehen. Inflationsbereinigt seien die Landesmittel für Forschung und Lehre im Sinkflug. Ein weiterer Kostenpunkt seien die Vorhaltekosten, sagte der MFT-Generalsekretär Dr. Volker Hildebrandt.

Die Vertreter der Hochschulmedizin sehen die Krankenkassen in der Mitverantwortung, Strukturen in der Krankenversorgung, die mit Forschung und Lehre kompatibel sind. Davon würden sie schließlich auch profitieren. Dazu solle eine direkte Vergütung des Aufwands für die Weiterbildung treten.

Zuschläge für die Vorhaltekosten von Zentren und die Notfallversorgung stehen ebenfalls auf dem Forderungskatalog an die Politik. Für die Hochschulambulanzen solle die Begrenzung von Patientenzahlen fallen und die Vergütung für die Behandlungen steigen.

Zudem wollen die Unikliniken einen Zuschlag für die Behandlung von schwer erkrankten Menschen, die sehr teure oder seltene Therapien benötigten. (af)

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