Rückenwind aus Karlsruhe
Verein Sterbehilfe: „Grundrecht auf Suizid“ im Alltag der Altenheime angekommen
In Pflegeheimen sperrt man sich nicht mehr gegen Suizidbeihilfe, so der Verein Sterbehilfe.
Veröffentlicht:Hamburg/Berlin. Sterbehelfer sehen eine wachsende Bereitschaft von Alten- und Pflegeheimen, Suizidbeihilfe in ihren Räumen zuzulassen. Das „Grundrecht auf Suizid“ sei im Alltag deutscher Altenheime angekommen, erklärte der „Verein Sterbehilfe“ mit Sitz in Hamburg und Zürich am Dienstag.
Die Einrichtungen hätten sich schneller als vermutet auf die neue, durch das Bundesverfassungsgericht 2020 geschaffene Rechtslage eingestellt. Wer jedoch in einem katholischen oder evangelischen Heim untergebracht sei, werde in dieser Frage wohl noch längere Zeit auf Probleme stoßen.
Angeblich Fälle von Suizidbegleitungen in Altenheimen
Wenige Wochen nach dem Urteil hatte der vom früheren Hamburger Justizsenator Roger Kusch gegründete Verein eigenen Angaben zufolge im Juni 2020 einem Mitglied in einem Altenheim bei der Selbsttötung geholfen. Damals seien noch mühsame Gespräche mit der Heimleitung und dem Träger vorausgegangen. „Seitdem haben wir keinen Rechtsanwalt mehr gebraucht, um die Grundrechte unserer Mitglieder durchzusetzen“, so die Organisation.
Inzwischen hätten Suizidbegleitungen im Januar 2021 in einem Altenheim in München sowie in der vergangenen Woche in zwei Hamburger Altenheimen stattgefunden. In diesen Fällen hätten Telefonate mit der jeweiligen Heimleitung zur Umsetzung genügt.
Urteil: Selbsttötung gehört zum Recht auf Selbstbestimmung
Das Bundesverfassungsgericht hatte am 26. Februar 2020 das Verbot der geschäftsmäßigen Beihilfe zur Selbsttötung gekippt. Die Selbsttötung gehöre zum Recht auf Selbstbestimmung, urteilten die Richter. Das schließe auch die Hilfe Dritter ein. Ein neues Bundesgesetz, das die Suizidbeihilfe und ein von den Richtern vorgeschlagenes Schutz- und Beratungskonzept neu regelt, steht noch aus. Die katholische Kirche und Teile der evangelischen Kirche hatten bereits angekündigt, Suizidbeihilfe nicht in ihren Einrichtungen zulassen zu wollen. (KNA)