Kommentar zum Corona-Gipfel

Verlorene Zeit

Merkel und die Ministerpräsidenten haben es versäumt, mit klaren Regeln zur Bekämpfung der Corona-Pandemie ein Zeichen zu setzen. Stattdessen gibt es halbgare Minimalkonsense.

Christoph BarkewitzVon Christoph Barkewitz Veröffentlicht:

6638 an einem Tag! Während also Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den Ministerpräsidenten acht Stunden lang mit in ihren Augen dürftigem Ergebnis tagte, zählte das Robert Koch-Institut mit 6638 die höchste Zahl an bestätigten Neuinfektionen seit Beginn der Pandemie in Deutschland. Bei allen Vorbehalten gegen diese Zahl – in ihrem Lichte wirken die am späten Mittwochabend verkündeten Resultate des Treffens im Kanzleramt ernüchternd. Enttäuschend.

Um das Thema Beherbergungsverbot haben sich die Teilnehmer mit einem grotesken Manöver herumgewunden: Wir warten das Ende der Herbstferien im November ab! Also die Zeit, in der diese höchst umstrittene Maßnahme vornehmlich zur Geltung kommt.

Lesen sie auch

Ohne Frage lässt sich für das Verbot genauso intelligent argumentieren, wie es die Befürworter Mecklenburg-Vorpommern oder Schleswig-Holstein tun, aber auch genauso nachvollziehbar dagegen, wie es Nordrhein-Westfalen oder Rheinland-Pfalz vormachen.

Wirrwarr statt klarer Linie

Nur: Eine bundesweit einheitliche Entscheidung hätte zwingend aus dem Treffen resultieren müssen. Eine klare Linie lässt sich akzeptieren, das Fortbestehen des Wirrwarrs hingegen lässt die Menschen genervt abwinken.

Stattdessen wurden Einschränkungen beschlossen, die vielleicht beherzt klingen mögen, aber kaum zu kontrollieren sind. Allen voran die straffen Beschränkungen auf die Zusammenkünfte in privatem Rahmen. Wer soll das überprüfen?

Lesen sie auch

Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte hat im Zuge einer vergleichbaren Maßnahme seine Landsleute sinngemäß beruhigt, sie sollten keine Angst haben, ihnen werde schon nicht die Polizei in die Wohnungen geschickt. Stattdessen appellierte auch er an die Vernunft.

Aber das ist das Problem: Für Vernunft und Verständnis in der Bevölkerung braucht es vernünftige und verständliche Vorgaben von Bund und Ländern. Doch Vernunft und Verständnis nehmen allenthalben ab, während die Fallzahlen weiter steigen. „Dann sitzen wir in zwei Wochen wieder hier“, wird Kanzlerin Merkel aus der Runde zitiert. Vermutlich. Verlorene Zeit.

Schreiben Sie dem Autor: christoph.barkewitz@springer.com

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Geplantes Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit

Ministerium will mehr Kooperation zwischen RKI und BZgA

Das könnte Sie auch interessieren
Glasglobus und Stethoskop, eingebettet in grünes Laub, als Symbol für Umweltgesundheit und ökologisch-medizinisches Bewusstsein

Klimawandel und Gesundheitswesen

Klimaschutz und Gesundheit: Herausforderungen und Lösungen

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein MRT verbraucht viel Energie, auch die Datenspeicherung ist energieintensiv.

© Marijan Murat / dpa / picture alliance

Klimawandel und Gesundheitswesen

Forderungen nach Verhaltensänderungen und Verhältnisprävention

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

© Frankfurter Forum für gesellschafts- und gesundheitspolitische Grundsatzfragen e. V.

Das Frankfurter Forum stellt sich vor

Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Therapie

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Medizinischer Infusions-Tropf mit buntem Hintergrund

© Trsakaoe / stock.adobe.com

Hochdosis-Therapie

Vitamin C bei Infektionen und Long-COVID

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Internationaler Vitamin-C-Kongress im Juni

© Spinger Medizin Verlag

Vitamin C als hochdosierte Infusionstherapie

Internationaler Vitamin-C-Kongress im Juni

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 15.10.202021:59 Uhr

Telefonkonferenz - das unbekannte Wesen

Merken unsere Bundeskanzlerin, Frau Dr. Angela Merkel, und ihre Entourage denn nicht, dass ständig wechselnde Berater wie Drosten Streeck, Wieler, Kruse, Leopoldina etc. nur noch Verwirrung stiften?

Und warum treffen sich sämtliche Ministerpräsidenten der Länder persönlich mit Begleitern, Beratern, Sicherheitspersonal im Bundeskanzleramt in Berlin? Das waren summa summarum wesentlich mehr Personen, als im von SARS-CoV-2-Infektionen und COVID-19-Erkrankungen gebeutelten Berlin für private Feiern und Zusammenkünfte zulässig gewesen wären.

Ist den Politikern einfach die Sensibilität abhanden gekommen, dass sich derartige Treffen anachronistisch, infektiologisch bedenklich und kontraproduktiv zu ihren gefassten Corona-Beschlüssen verhalten?

Mf+kG, Ihr Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

Sonderberichte zum Thema
Dr. Antigone Fritz und Hubertus Müller sitzen trocken am PC. Dort zu sehen: ein Bild vom Hochwasser in Erftstadt vor drei Jahren.

© MLP

Gut abgesichert bei Naturkatastrophen

Hochwasser in der Praxis? Ein Fall für die Versicherung!

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: MLP
Abb. 1: Zeitaufwand pro Verabreichung von Natalizumab s.c. bzw. i.v.

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [9]

Familienplanung und Impfen bei Multipler Sklerose

Sondersituationen in der MS-Therapie

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Biogen GmbH, München
Protest vor dem Bundestag: Die Aktionsgruppe „NichtGenesen“ positionierte im Juli auf dem Gelände vor dem Reichstagsgebäude Rollstühle und machte darauf aufmerksam, dass es in Deutschland über drei Millionen Menschen gebe, dievon einem Post-COVID-Syndrom oder Post-Vac betroffen sind.

© picture alliance / Panama Pictures | Christoph Hardt

Symposium in Berlin

Post-COVID: Das Rätsel für Ärzte und Forscher

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Praxisabgabe mit Hindernissen

Warum Kollege Gieseking nicht zum Ruhestand kommt

Lesetipps
Krankenkassen haben zum Jahreswechsel schlechte Botschaften für ihre Mitglieder: die Zusatzbeiträge steigen stark. Die Kritik an versäumten Reformen der Ampel-Koalition ist einhellig.

© Comugnero Silvana / stock.adobe.com

Update

62 Kassen im Beitragssatz-Check

Höhere Zusatzbeiträge: So teuer wird Ihre Krankenkasse 2025