KV Hessen

Vorstandswahl in unruhigen Zeiten

In der KV Hessen soll nach den Rücktritten der früheren Vorstände ein Neuanfang gestartet werden. Die Bewerber für das Amt stehen in den Startlöchern. Ihre Amtszeit wird allerdings schon jetzt durch ihre Vorgänger belastet.

Von Rebecca Beerheide Veröffentlicht:
Das KV-Hochhaus im Frankfurter Stadtteil Westend in der Nähe des Messegeländes: Hier wird am Mittwoch ein neuer Vorstand gewählt.

Das KV-Hochhaus im Frankfurter Stadtteil Westend in der Nähe des Messegeländes: Hier wird am Mittwoch ein neuer Vorstand gewählt.

© KV Hessen

FRANKFURT/MAIN. Wenn am Mittwochnachmittag im großen Saal der KV Hessen hinter verschlossenen Türen alles so funktioniert, wie von den Unterhändlern der Haus- und Fachärzte in den vergangenen Monaten ausgekungelt, bekommt die KV eine neue Spitze.

HNO-Arzt Frank Dastysch soll zum ersten Vorsitzenden der KV Hessen gewählt werden, Hausarzt Dr. Günter Haas soll Vize-Chef werden.

Beide sitzen seit acht Jahren auch der Vertreterversammlung vor - sie sind dem Wahlvolk bestens bekannt, der Öffentlichkeit aber kaum. Es gibt im Vorfeld der Wahl keine offiziellen Pressefotos.

Schon seit Monaten werden beide als die Favoriten, wenn nicht gar als "prädestiniert" für den KV-Chefposten gehandelt. Denn: An Dastysch und Haas geht spätestens seit Oktober 2012 nichts mehr vorbei, sie waren die starken Männer in der Führungskrise.

Gemeinsam mit dem Geschäftsführer der KV, Jörg Hoffmann, leitet Dastysch seitdem die Geschicke der KV kommissarisch. Haas und Dastysch sollen nach Informationen der "Ärzte Zeitung" einen Vierjahresvertrag erhalten, also bis zum Ende der aktuellen Legislaturperiode im Jahr 2016 an der Spitze der KV bleiben.

Diskussion auch um VV-Vorsitz

Die Neuwahl war nötig geworden, nachdem die bisherigen KV-Chefs Frank-Rüdiger Zimmeck und Dr. Gerd W. Zimmermann zurückgetreten waren. Gegen Zimmeck ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf Betrug.

Gegen Dr. Zimmermann sind wegen des Verdachts auf Untreue Ermittlungen eingeleitet worden. Beide hatten Auflösungsverträge mit Wirkung zum 6. November 2012 unterschrieben.

In den vergangenen Tagen soll über die Nachfolge der beiden Vorsitzenden der Vertreterversammlung diskutiert worden sein. Fach- und Hausärzte haben für beide Ämter je einen Kandidaten aufgestellt, möglicherweise schicken auch die Psychotherapeuten einen ins Rennen.

Ob mit der neuen Spitze auch ein neuer Wind im KV-Hochhaus in der Georg-Voigt-Straße im noblen Frankfurter Stadtteil Westend weht, sehen Gesundheitspolitiker und Kassenvertreter im Land eher kritisch - ohne es allerdings öffentlich zu äußern.

Der gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, der Arzt Dr. Thomas Spies, hatte im Dezember 2012 einen Berichtsantrag an die schwarz-gelbe Landesregierung gestellt. Tenor: Wann hatte das Sozialministerium als Rechtsaufsicht Kenntnis von den Vorgängen in der KV?

Bisher stehe die Antwort noch aus, erklärte Spies auf Anfrage der "Ärzte Zeitung". Unter Mitgliedern der Vertreterversammlung wird das als "Wahlkampf" abgetan - schließlich soll am 22. September 2013 ein neuer Landtag gewählt werden.

Doch diese Einschätzung könnte zu kurz gegriffen sein - denn offenbar spielte der mögliche neue KV-Vorsitzende Dastysch eine wichtige Rolle in der Vorstandsaffäre: Wie aus dem Umfeld der KV berichtet wird, gab es einen Tipp über Unregelmäßigkeiten in der Praxisführung von Ex-KV-Vize Dr. Zimmermann.

Darauf hin soll Dastysch aufgrund seines Amtes als Vorsitzender der Vertreterversammlung eine Überprüfung der Abrechnungen nach Paragraf 81a SGB V eingeleitet haben. Offenbar aus "Gerechtigkeitsgründen" wurden im Zuge dessen auch die Abrechnungen von Ex-KV-Chef Zimmeck überprüft.

Neue Spitze - Blick nach vorn?

Das Ergebnis: Während seiner Tätigkeit für die KV soll er einen Assistenten oder Vertreter in seiner Praxis beschäftigt haben, "dessen Tätigkeit mit der Zulassungsverordnung nicht vereinbar" gewesen sei, wie es Zimmeck in einer Stellungnahme im Oktober 2012 selbst formuliert hat.

Die Staatsanwaltschaft Frankfurt ermittelt nun wegen des Verdachts auf Betrug. Einige im Umfeld der Vertreterversammlung bezeichnen die Ermittlungen als "Abfallprodukt" der Überprüfungen bei Hausarzt Dr. Zimmermann.

Die bereits komplizierten Beziehungen zwischen Fach- und Hausärzten sind durch die Vorstandsaffäre sicherlich nicht besser geworden.

Für die neue Spitze - vorausgesetzt Dastysch und Haas werden gewählt - kann daher die Handlungsmaxime für die Amtszeit nur "Blick nach vorn" und mehr Transparenz in der KV-Vorstandsarbeit sein.

Allerdings werden auch sie mit der Aufarbeitung der Affäre ihrer Amtsvorgänger, mit denen sie lange Zeit in verschiedenen Positionen zusammen gearbeitet haben, beschäftigt sein.

Ein interner Prüfbericht des "Hessischen Landesprüfungs- und Untersuchungsamtes im Gesundheitswesen", dessen Ergebnisse die Staatsanwaltschaft Frankfurt veranlasste, gegen Dr. Zimmermann Ermittlungen wegen des Verdachts der Untreue einzuleiten, wird von der neuen KV-Spitze aufgearbeitet werden müssen.

Nicht nur die Staatsanwaltschaft Frankfurt, auch das Ministerium wird weitere Auskünfte von der KV verlangen. Im Prüfbericht, in den die "Ärzte Zeitung" in Auszügen Einsicht hatte, findet sich mehrfach die Bewertung "Verstoß gegen Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit".

Dabei geht es um Dienstwagen von 14 Beschäftigten, Bonussysteme, unklare Geldanlagen oder Abfindungen von ehemals hochrangigen Mitarbeitern.

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