Der Standpunkt

Wir müssen uns selbst helfen!

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:

Der Autor ist stellv. Chefredakteur und Ressortleiter Gesundheitpolitik bei der "Ärzte Zeitung". Schreiben Sie ihm: helmut.laschet@springer.com

Der Beschluss der Bundesregierung, die Hürden für die Beschäftigung von Ärzten und Ingenieuren aus dem Nicht-EU-Ausland in Deutschland zu beseitigen, ist nicht falsch - aber das wird insbesondere den künftigen Mangel an Ärzten nicht spürbar lindern.

Tatsache ist: Gut 25.300 ausländische Ärzte leben in Deutschland, 21.650 sind in der ärztlichen Versorgung überwiegend in Krankenhäusern tätig. In der ambulanten Versorgung spielen die 3500 ausländischen Mediziner nur eine geringe Rolle.

Knapp die Hälfte, rund 10 000 dieser Ärzte kommt aus dem Nicht-EU-Ausland. Zahlenmäßig die größten Gruppen stammen aus Russland, der Türkei, der Ukraine und Iran. Soll man dort gezielt Ärzte anwerben?

Vorsicht ist geboten. Die ärztliche Heilkunst ist keine Ingenieurswissenschaft. Technische Probleme werden in den internationalen Sprachen der Mathematik und des Englischen kommuniziert.

Der Arzt in der Patientenversorgung muss die deutsche Sprache beherrschen, und zwar nicht nur radebrechend. Das gilt vor allem für die ambulante Medizin und für jene Fächer, die eine hohe Kommunikationsfähigkeit voraussetzen.

Fazit: Deutschland muss sich selbst helfen. Dabei gibt es gerade für Ärzte seit einigen Jahren Fortschritte wie ein eigenes Tarifrecht für Klinikärzte und überdurchschnittlich steigenden Einkommen.

Aber der Staat bleibt gefordert. Eine systematische Förderung der Leistungsträger ist nicht in Sicht. Das gilt insbesondere für den wissenschaftlichen Nachwuchs, und hier insbesondere in der Medizin und in den Naturwissenschaften. Das Einheitstarifrecht des Öffentlichen Dienstes erweist sich dabei als Hemmnis. Es bietet zu wenig Anreize.

Leistungsfeindlich ist auch die hohe Grenzabgabenbelastung überdurchschnittlicher - nicht zu verwechseln mit hohen - Einkommen. Sie reicht in der Spitze bis fast 60 Prozent eines jeden zusätzlich verdienten Euros. Eine jetzt doch für möglich gehaltene Steuerreform darf daher nicht diejenigen weiter entlasten, die fast keine Steuern bezahlen, sondern sie muss Anreize für Leistungsträger setzen.

Lesen Sie dazu auch: Niedrigere Barrieren für Nicht-EU-Ärzte

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Kommentare
? 29.06.201110:43 Uhr

Schnörkellose Analyse

Per E-Mail erreichte uns folgender Leserkommentar:

Sehr geehrter Herr Laschet,

Ihr Aufruf trifft den Kern! Ich freue mich über Ihre schnörkellose Analyse. Auch verfallen Sie bei Ihrem Aufruf zu mehr Leistungsgerechtigkeit nicht dem verbreiteten Popans der Sozialheuchelei.

Ich wünsche mir mehr solcher kritisch distanzierter Berichterstattung, seriös, nicht lamentierend und kompromisslos ehrlich.

Mit freundlichen Gruessen
Dr. med. Jörg Lamster, Internist, Neudietendorf

Dr. Thomas Georg Schätzler 24.06.201110:48 Uhr

Der Hausarzt, der Facharzt, der Hund und der Ofen

Interessant, was der 1. Vorsitzende des Marburger Bundes und CDU-MdB Rudolf Henke auch gegen Partei- und Regierungsraison zu bedenken gibt: Wir können doch nicht besinnungslos aus allen anderen Ländern (volle Freizügigkeit innerhalb der EU) Ärzte massiv abwerben, die dann in ihren Heimatländern fehlen und die medizinische Versorgung ihres Landes gefährden!

Und wir werden mit Frau von der Leyen (Arbeit und Soziales), mit Herrn Bahr (Gesundheit) und schon gar nicht mit Frau Pfeiffer (GKV-Spitzenverband) oder Herrn Köhler (KBV) den Hausärzte- bzw. den absehbaren Fachärztemangel bei den Niedergelassenen beheben können. Denn die theoretisieren doch nur, wenn es darum geht, die Ausbildungs-, Studien-, Arbeits- bzw. Lebens-, Familien- und Kinderbetreuungsbedingung der Ärztinnen und Ärzte hierzulande konkret verbessern zu wollen.

Garniert wird das Ganze von einer unqualifizierten und unintelligenten Kakophonie vom Verband der Ersatzkassen (vdek), vom Bundesverband der Betriebskrankenkassen, vom Bundesverband der Verbraucherzentralen (Vzbv) und von der AOK, die beinahe ärztehassend perseverierend fordern, mit dem Versorgungsgesetz den Abbau ärztlicher Überversorgung "stärker zu forcieren“. Im "BKK-Faktenspiegel 4/2011" ist von überquellende Ärztezahlen in der Mehrheit aller Planungsbezirke die Rede. Der Vzbv kritisiert, der Abbau werde nicht konsequent angegangen. Die AOK sieht im Südwesten keinen Ärztemangel: Bei Hausärzten würden 26 der 43 Planungsbezirke Versorgungsgrade von 100 bis 110 Prozent aufweisen. In 17 Bezirken gelte wegen Überversorgung eine Niederlassungssperre.

So lockt man weder inländische noch ausländische Hunde hinter dem Ofen hervor.

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

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