Kita-Speisepläne

Zu viel Fleisch und zu wenig Obst

Was viele Eltern schon geahnt haben, ist Wirklichkeit. Die Kleinsten futtern aus ernährungsphysiologischer Sicht nicht überall das Beste. Auf dem Speiseplan stehen zu viel Fleisch und zu wenig Rohkost.

Von Martina Merten Veröffentlicht:
Sorgt für heiße Diskussionen: Essen in Kindertagesstätten.

Sorgt für heiße Diskussionen: Essen in Kindertagesstätten.

© Warmuth / dpa

BERLIN. Obst, Gemüse und auch einmal ein Stück Fisch zum Mittagessen stehen in deutschen Kitas zu selten auf dem Speiseplan. Nur zwölf Prozent der Einrichtungen reichen genügend Obst.

Lediglich 19 Prozent erfüllen den Standard der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), in 20 Verpflegungstagen mindestens acht Mal Salat oder Rohkost anzubieten. Fleisch und Fleischerzeugnisse gibt es dagegen in 46 Prozent der untersuchten Kitas zu häufig.

Zu diesen Ergebnissen kommt eine Studie der Bertelsmann-Stiftung, die erstmals repräsentativ Qualität und Kosten des Mittagessens in deutschen Kindertagesstätten untersucht hat. An der Studie nahmen 1082 Kitas teil, das entspricht etwa zwei Prozent aller Einrichtungen in den 16 Bundesländern.

Darüber hinaus wertete die Bertelsmann-Stiftung 560 Vier-Wochen-Speisepläne der befragten Kitas aus. Bei den Auswertungen dieser Pläne orientierte sich die Bertelsmann-Stiftung an den Anforderungen der DGE.

Im Osten essen 99 Prozent der Kinder in der Kita

Knapp zwei Drittel aller Kinder im Kita-Alter in Deutschland - 1,8 Millionen - haben 2013 auch tatsächlich eine Kindertagesstätte besucht, so die Studie. Insbesondere in Ostdeutschland isst nahezu jedes Kind (99 Prozent) unter und über drei Jahren in der Kita. In Westdeutschland sind es immerhin 69,1 Prozent der Kita-Kinder unter drei Jahren und 54,6 Prozent der über Dreijährigen, die ihr Mittagessen in der Kita einnehmen.

In mehr als 70 Prozent der Kitas essen die Kinder das Mittagessen dabei nicht in einem separaten Speiseraum, sondern in ihrem Gruppenraum. Nur etwas mehr als jede dritte Kita bereitet das Mittagessen für die Kinder vor Ort vor (32,8 Prozent). Mehr als die Hälfte der Einrichtungen wird beliefert.

Für besonders bedenklich hält die Bertelsmann-Stiftung, dass fast ein Viertel der genutzten Anbieter nicht auf die Gemeinschaftsverpflegung von Kindern- und Jugendlichen spezialisiert ist.

Darüber hinaus sind auch die Kitas nicht entsprechend für eine Gemeinschaftsverpflegung eingerichtet: Lediglich jede zweite Kita verfügt über Großküchengeräte.

"Die Mehrheit aller Kita-Kinder isst inzwischen in ihrer Kita. Die Politik sollte diese Chance nutzen und gesundes Aufwachsen für alle Kinder sicherstellen", forderte Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann-Stiftung, anlässlich der Vorstellung der Studienergebnisse.

Förderschwerpunkt Kita- und Schulverpflegung angeregt

Auch die Sprecherin für Verbraucherschutz der Grünen, Nicole Maisch, appellierte an die Bundesregierung, sich für eine gesunde Ernährung der Kinder einzusetzen, schließlich gehe es "um die Leistungsfähigkeit, die Konzentrationsfähigkeit und den Erwerb von Ernährungskompetenzen".

Für sinnvoll hält Maisch es, einen Förderschwerpunkt Kita- und Schulverpflegung in den europäischen und nationalen Finanzinstrumenten zu etablieren.

Der könnte zum Beispiel beim Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des Ländlichen Raum, der Gemeinschaftsaufgabe Agrar- und Küstenschutz und dem Bundesprogramm Ökologischer Landbau angesiedelt sein.

Stichwort Finanzierung: Bertelsmanns hat herausgefunden, dass die Preise, die Eltern für ein Mittagessen ihrer Kinder in der Kita zahlen, weit auseinanderliegen. Das Elterngeld pro Mahlzeit schwankt zwischen 0,75 Euro und sechs Euro.

Durchschnittlich werden 2,40 für ein Essen gezahlt. Die Modellrechnungen der Studie zeigen allerdings, dass der Standard der DGE für ein Mittagessen frühestens ab einem Preis von drei Euro erreicht werden kann.

Kitagesetz soll Qualitätsstandards festlegen

"Wenn jedes Kind, das täglich in einer Kita isst, ein gesundes Mittagessen erhalten soll, müssten jährlich 1,8 Milliarden Euro bundesweit aufgewendet werden.

Das sind bis zu 750 Millionen Euro mehr als Eltern heute ausgeben", konstatierte Dräger. Hier seien Bund, Länder und Kommunen gefordert, sich über die Finanzierung zu verständigen, so der Bertelsmann-Vorstand.

Ziel müsse es sein, jedes Kind unabhängig von der finanziellen Situation der Eltern an der Kitaverpflegung teilnehmen zu lassen. Dräger schlug zudem im ARD-Morgenmagazin vor, eine einheitliche Qualität in Deutschlands Essensstandards in einem Bundes-Kitagesetz festzulegen.

"Dann weiß jeder in Deutschland, jede Kita, jeder Träger, wonach sie sich richten können und dann werden wir hoffentlich auch zu besserem Essen kommen."

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