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Takhzyro® – erster Antikörper zur Prophylaxe des hereditären Angioödems
Lanadelumab (Takhzyro®) von Shire (jetzt Teil von Takeda) ist ein monoklonaler Antikörper, der zur Langzeitprophylaxe von wiederkehrenden Attacken des hereditären Angioödems eingesetzt wird. Bei subkutaner Injektion alle 14 Tage bleiben fast acht von zehn Patienten attackenfrei. Damit einhergehend bessert sich die Lebensqualität.
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Das hereditäre Angioödem (HAE) ist eine seltene, autosomal-dominant vererbte Erkrankung. Charakteristisch sind unvorhersehbare, wiederkehrende Ödem-Attacken (im Mittel 3,7 Attacken pro Monat), die oftmals schmerzhaft sind und lebensbedrohlich werden können. Ödeme im Bereich des Larynx und eine damit verbundene Asphyxie sind die häufigste Todesursache bei HAE-Patienten, wobei die Mortalität besonders bei Patienten mit nicht diagnostiziertem HAE sehr hoch ist. Gerade die Unberechenbarkeit macht das HAE neben seiner potenziell vitalen Bedrohlichkeit zu einer enormen Belastung für die Betroffenen und verdeutlicht die Notwendigkeit einer wirksamen Prophylaxe.
Ursache für das HAE ist die Mutation eines Gens auf Chromosom 11, das den C1-Esterase-Inhibitor (C1-INH) kodiert. Dieser hemmt u. a. die Aktivität des Enzyms Plasma-Kallikrein. Die verminderte Expression (HAE-Typ I) und Dysfunktionalität (HAE-Typ II) des C1-INH führt so zu einer vermehrten Aktivität von Plasma-Kallikrein, das die Bildung von Bradykinin induziert. Das vasoaktive Bradykinin spielt eine bedeutende Rolle bei der Induktion der Gefäßpermeabilität. Es bindet an B2-Rezeptoren, wodurch eine intrazelluläre Signalkaskade aktiviert wird. Als Folge kommt es zur Erweiterung der Blutgefäße und einem vermehrten Übertritt intravasaler Flüssigkeit in das Interstitium, was eine Ödembildung, die HAE-Attacken, nach sich zieht.
Bedarf für neue Therapieoptionen
Bislang gab es in der medikamentösen Therapie des HAE zwei verschiedene Behandlungsstrategien: Die Bedarfstherapie akuter Schwellungsattacken mit dem subkutan zu applizierenden Bradykinin-B2-Rezeptor-Antagonisten Icatibant oder C1-INH-Konzentraten sowie die Dauertherapie mit C1-INH-Konzentraten zur Attacken-Prophylaxe, die subkutan oder intravenös verabreicht werden. Die derzeit vorhandenen prophylaktischen Therapieoptionen sind aufgrund von kurzen Dosierungsintervallen und einer suboptimalen Attackenkontrolle limitiert.Seit Februar 2019 ist der von Shire (jetzt Teil von Takeda) entwickelte humane monoklonale Antikörper Lanadelumab (Takhzyro®) für die Langzeitprophylaxe des HAE verfügbar. Das Arzneimittel unterscheidet sich in seinem Wirkmechanismus von den anderen hierzulande in dieser Indikation zugelassenen Arzneimitteln.
Lanadelumab bindet selektiv und reversibel Plasma-Kallikrein und hemmt dessen Aktivität. Somit wird der Bradykinin-Spiegel im Blut normalisiert, sodass HAE-Attacken verhindert werden können, bevor sie entstehen. Eine komplette Hemmung von Plasma-Kallikrein tritt nicht auf, sodass die Funktion des Vasodilatators Bradykinin aufrechterhalten wird.
Hoher Schutz vor Ödem-Attacken
Lanadelumab ist zur routinemäßigen Prophylaxe von wiederkehrenden HAE-Attacken bei Patienten ab zwölf Jahren zugelassen. Das Präparat kann sowohl bei Patienten mit HAE-Typ I als auch bei jenen mit HAE-Typ II eingesetzt werden. Die empfohlene Anfangsdosierung beträgt 300 mg Lanadelumab alle zwei Wochen als subkutane Injektion. Bei Patienten, die unter dieser Behandlung attackenfrei sind, kann eine Anwendung alle vier Wochen erwogen werden.In der vierarmigen Phase-III-Zulassungsstudie HELP wurden 125 Patienten mit HAE randomisiert entweder mit Lanadelumab oder Placebo behandelt. Unter der aktuell zugelassenen Dosierung von 300 mg Lanadelumab alle zwei Wochen blieben 44,4 Prozent der Studienteilnehmer über den gesamten Behandlungszeitraum von 26 Wochen attackenfrei, im Placebo-Arm waren es lediglich 2,4 Prozent – dies entspricht einer relativen Reduktion der Attackenhäufigkeit um 87 Prozent (p < 0,001). Außerdem war die Zahl der HAE-Attacken unter dem Antikörper im Vergleich zu Placebo mit 0,53/Monat versus 1,97/Monat signifikant geringer (p < 0,001).
Unter Lanadelumab 300 mg alle zwei Wochen traten 83 Prozent weniger moderate bis schwere Attacken auf, und 87 Prozent weniger Attacken erforderten eine Bedarfstherapie.
Innerhalb des Steady-State-Zeitraums (Tage 70 bis 182) blieben im Lanadelumab-Arm 77 Prozent der Patienten – also nahezu acht von zehn Patienten – attackenfrei. Im Placebo-Arm waren es 2,7 Prozent.
Die häufigsten unerwünschten Wirkungen waren fast ausschließlich leichte Reaktionen an der Injektionsstelle, einschließlich Schmerzen und Erythem.
Zudem wurde unter Lanadelumab im Vergleich zu Placebo eine deutliche, klinisch relevante Verbesserung der Lebensqualität, gemessen anhand des AE-QoL (Angioedema Quality of Life)-Fragebogens, erzielt. Aufgrund der hohen Wirksamkeit, dem angenehmen Applikationsintervall und der guten Verträglichkeit kann Lanadelumab zur Erhöhung der Lebensqualität von Patienten mit HAE beitragen. (wed)