Fitness fürs Depot
Lockdown beflügelt Aktienkurse der Sportartikelhersteller
Joggen, Radfahren und Wandern haben in der Coronavirus-Pandemie neue Anhänger gewonnen. Das treibt Umsatz, Gewinn und Aktienkurse von Sportartikelherstellern. Analysten sehen weiteres Kurspotenzial bei den Werten.
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Jogging in der Natur findet immer mehr Anhänger und beschert den Produzenten von Sportkleidung reichlich Zuwächse (Symbolbild).
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Neu-Isenburg. Fitnessstudios sind seit Monaten geschlossen. Doch die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie haben deshalb nicht alle Menschen zu Sportmuffeln gemacht.
Im Gegenteil: Bei der jüngsten deutschen Alterssurvey des Bundesfamilienministeriums gaben 64,5 Prozent der 4762 Befragten im Alter von über 45 Jahren an, genauso viel Zeit für sportliche Aktivitäten aufzubringen wie vor Beginn der globalen COVID-19-Pandemie. 7,7 Prozent sind sogar aktiver als zuvor.
Ähnliche Daten zeigen Umfragen aus anderen Ländern. Seit Frühjahr vergangenen Jahres haben Outdoor-Sportarten wie Joggen, Trailrunning, Fahrradfahren und Wandern neue Anhänger gefunden. Das hat den Herstellern passender Sportartikel reichlich Zuwächse beschert. „Die Geschäfte sind gut gelaufen“, sagt Udo Rieder, Portfoliomanager bei der Nürnberger KSK Vermögensverwaltung.
Fahrrad-Absatz steigt weltweit
Beispielhaft zeigt dies die Fahrradindustrie. Nach Angaben des deutschen Zweirad-Industrie-Verbands wurden hierzulande im vergangenen Jahr 5,04 Millionen Fahrräder verkauft und dabei ein Umsatz von 6,44 Milliarden Euro erzielt – ein Plus von 60,9 Prozent im Vergleich zu 2019. Weltweit ist der Absatz von Fahrrad-Herstellern 2020 gegenüber dem Vorjahr um 51,5 Prozent auf 147,24 Milliarden US-Dollar gestiegen.
Entsprechend kräftig sind die Aktienkurse der Sportartikelproduzenten gestiegen. Das Papier des börsennotierten niederländischen Fahrradherstellers Accell gewann in den vergangenen zwölf Monaten knapp 134 Prozent. Die Aktie des japanischen Laufschuh- und Sportbekleidungsherstellers Asics kletterte in dieser Zeit um 107 Prozent, die Börsennotierungen der deutschen Mitbewerber Adidas und Puma um 48 Prozent und 53 Prozent, die des US-Konkurrenten Nike um 39 Prozent.
Die Aktien von Unternehmen, die mit ihren Produkten Couch-Potatoes bedienen, konnten da nicht mithalten. „Die Unternehmensberichte von Fastfood-Anbietern, Softdrink- und Naschwaren-Produzenten wie McDonald‘s, Coca-Cola und PepsiCo zeigen zwar, dass das Geschäft mit Süßgetränken und knusprigen Kartoffelchips im Corona-Jahr zufriedenstellend verlief“, sagt Rieder. Doch deren Aktienkurse mussten sich im Rennen der sportlichen Konkurrenz geschlagen geben.
Mehr Sport, weniger Fastfood – keine Devise für alle
Das Papier des Burger-Braters McDonald‘s gewann in den vergangenen zwölf Monaten immerhin knapp 19 Prozent, die Aktie von Coco-Cola rund zwölf Prozent. Hingegen fiel der Börsenkurs des Softdrink-Produzenten PepsiCo um mehr als vier Prozent. Und dies, obwohl das US-Unternehmen seinen Ertrag im ersten Quartal dieses Jahres um 27,6 Prozent auf 1,71 Milliarden US-Dollar, umgerechnet 1,4 Milliarden Euro gesteigert hat. Auch andere Fastfood-, Naschwaren- und Softdrink-Anbieter haben in der Pandemie bei Absatz und Gewinn deutlich zugelegt.
Das überrascht nicht. Während der Lockdowns haben der Alterssurvey zufolge in Deutschland immerhin 30,9 Prozent der Über-45-Jährigen ihre sportlichen Aktivitäten reduziert und sich mehr als zuvor dem Sofa hingegeben. In den USA haben nach diversen Studien sogar bis zu 36 Prozent der Bevölkerung weniger Sport getrieben und mehr Fastfood konsumiert.
McDonald‘s konnte daher im ersten Quartal dieses Jahres den Konzerngewinn gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 39 Prozent auf umgerechnet 1,2 Milliarden Euro steigern. Dennis Geiger, Analyst der Schweizer Großbank UBS, hat die Aktie mit Kaufen eingestuft: „Der Quartalsbericht weist viele positive Effekte auf.“
Branche mit Nachholpotenzial
Auch bei den Aktien von Sportartikelproduzenten heben viele Analysten den Daumen. Sie erwarten, dass Umsatz und Gewinn der Unternehmen weiter stark zulegen werden, weil die Zahl der Freizeitsportler mit anziehendem Gesundheitsbewusstsein steigen wird. „Die Branche hat noch immer Nachholpotenzial“, sagt Piral Dadhania, Analyst der Royal Bank of Canada. Vor allem Adidas und Puma seien mit ihren Produkten gut aufgestellt, um vom Fitness-Boom zu profitieren.
Bei Asics erwarten Analysten im Schnitt in diesem Jahr eine Steigerung des Gewinns um 57 Prozent. Für das Papier von Nike haben jüngst Analysten der US-Bank JPMorgan und der UBS Kaufempfehlungen ausgesprochen. Skeptisch für Nike ist hingegen Michael Pohn, Analyst der deutschen DZ Bank. Er hat die Aktie mit Verkaufen eingestuft.
„Das Online-Geschäft des Sportartikelherstellers hat in der Pandemie zwar kräftig zugelegt – doch das dürfte sich nach der Corona-Krise rasch relativieren.“ Sobald Freizeitsportler Laufschuhe wieder in Fachgeschäften erwerben, werde der Gewinn sinken. Denn Fachgeschäfte erhalten die Produkte zur Hälfte des Preises, den die Hersteller beim Direktverkauf über das Internet an Endkunden erzielen.