Keine Rezepteinlösung bei E-Sprechstunde?
Abgeordnete winken "Lex Dr. Ed" durch
Zwar wird E-Health allerorten verbal protegiert. Doch die Große Koalition schickt sich gerade an, den Spielraum für Telesprechstunden zu beschneiden.Wie reagiert E-Health-Dienstleister Dr. Ed?
Veröffentlicht:LONDON. Ende September hat der Gesundheitsausschuss des Bundestages die 4. AMG-Novelle ohne weitere Änderungen an der darin unter anderem auch vorgesehenen Beschränkung von Fernverordnungen beschlossen.
Heftige Auseinandersetzungen entbrannten im Gesetzgebungsverfahren vor allem wegen geplanter gruppennütziger Arzneimitteltests an nicht-einwilligungsfähigen Patienten.
Dagegen ist die vielfach auch als "Lex Dr. Ed" titulierte Vorgabe, der Rezepteinlösung in der Apotheke habe ein "direkter Kontakt" zwischen Arzt und Patient vorauszugehen, in der Koalition derzeit kein Streitthema.
Dr. Ed will mit Versandapotheken verstärkt kooperieren
Der Betreiber der in London ansässigen Online-Sprechstunde "Dr. Ed" kündigte angesichts der bevorstehenden Beschneidung seiner Möglichkeiten in Deutschland an, die Zusammenarbeit mit europäischen Versandapotheken ausweiten zu wollen "anstatt auf die Apotheke vor Ort zu setzen".
Das Unternehmen gründet sein Geschäftsmodell auf die europäische Patientenmobilitätsrichtlinie (2011/24/EU), wonach Gesundheitsdienstleistungen grenzüberschreitend anzuerkennen sind.
Dabei gilt das Recht desjenigen Staates, in dem der Anbieter sitzt. In Großbritannien sind Fernbehandlungen und -verordnungen erlaubt.
Nachdem kürzlich die Ärztekammer Baden-Württemberg Ausnahmen vom berufsrechtlichen Fernbehandlungsverbot formuliert hat, könne es mit der AMG-Novelle "nun zu der absurden Situation kommen, dass ein Arzt in Baden-Württemberg einen Patienten aus der Ferne behandelt und ein Apotheker in Baden-Württemberg die Einlösung des Rezepts verweigern muss", kommentiert Dr.-Ed-Gründer David Meinertz.
Darf ein Apotheker die Ausgabe eines Medikamentes verweigern?
Kritik an dem Gesetzespassus kommt auch von dem Berliner Arzt und Rechtsanwalt Professor Christian Dierks.
Dierks begründet: "Ich halte es für rechtlich fragwürdig, den Apotheker in eine Situation zu bringen, dem Patienten die Ausgabe eines Arzneimittels verweigern zu müssen, wenn der den Apotheker nicht davon überzeugen kann, tatsächlich physisch bei einem Arzt gewesen zu sein".
Zudem werde das in Artikel 11 der Richtlinie 2011/24/EU kodifizierte Recht des Patienten auf Anerkennung ausländischer Rezepte verletzt. (cw)