Neue Niederlassungsidee

Ärzte für spezialisierte Cannabispraxen gesucht

In Bayern soll Deutschlands erstes Zentrum für Cannabis-Beratung und -Therapie entstehen. Dafür sucht ein Unternehmer noch Investoren. Denkbar ist die Realisierung als Vertragsarztpraxis. Ärzte für das Projekt müssen noch gefunden werden.

Von Christina Bauer Veröffentlicht:
Ein Unternehmer hat mit Medizinalhanf große Versorgungspläne in Deutschland.

Ein Unternehmer hat mit Medizinalhanf große Versorgungspläne in Deutschland.

© Africa Studio/fotolia.com

MÜNCHEN. Medizinalhanf, der Stoff, aus dem Träume sind – zumindest für Wenzel Cerveny. Denn: In Kürze werden Ärzte schwer kranken Schmerzpatienten Cannabis auf Kassenrezept verordnen dürfen. Aufwändige Ausnahmegenehmigungen durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) entfallen dann. Cerveny hat dazu aktiv beigetragen – und zwar über den Cannabisverband Bayern. Nun möchte er in München das erste Cannabis-Zentrum Deutschlands einrichten (wir berichteten kurz). Es soll Betroffenen und Ärzten Information und Beratung bieten, außerdem konkrete Therapie. Dazu soll vor Ort eine Allgemeinarztpraxis integriert werden.

Crowdfunding-Kampagne gestartet

Anfang 2016 gründete Cerveny die DCI Cannabis Institut GmbH. Sie gehört zu 67 Prozent ihm und seiner Familie, 33 Prozent gehören einem Investor. Seit Anfang März läuft über die Plattform Transvendo eine Crowdfunding-Kampagne für das Zentrum. Bisher sind 18.650 Euro der angestrebten Million Euro zugesagt. Sobald die 100.000 Euro-Marke erreicht ist, soll es losgehen. Der räumliche Favorit ist für Cerveny derzeit Unterhaching.

Die einstigen NATO-Bürogebäude dort wurden saniert und sollen nun verschiedenen Angeboten Raum geben. Der nächste Schritt: Genehmigungen. Arztpraxis und Bio-Laden dürften einfach sein, so Cerveny. Dafür braucht es nur eine Nutzungsänderung und kleinere räumliche Anpassungen. Etwas aufwändiger sei es mit den Auflagen für die Gaststätte, die dazukommen soll.

In der Praxis sollen ein bis zwei Ärzte Patienten behandeln. Es könnte eine Vertragsarztpraxis werden, wenn es mit dem KV-Sitz klappt. Mit möglichen Ärzten ist Cerveny derzeit im Gespräch. Sie sollen via Zusatzsprechstunden fachärztliche Verstärkung erhalten. "Wir versuchen, für jeden Tag einen anderen Spezialisten dazuzuholen", so Cerveny. Darunter seien etwa Internisten, Chirurgen und Gynäkologen. Das soll der Vielfalt der Beschwerden entsprechen, bei denen Cannabis helfen kann.

Der Medizinalhanf ist vor allem interessant für Schmerzpatienten und chronisch kranke Schmerzpatienten, etwa mit Krebs oder Rheuma, oder für MS-Patienten. Bei einigen wirken andere Medikamente nicht oder verursachen schwere Nebenwirkungen. Ihnen kann ein Arzt nun nach eigenem Ermessen und nach Genehmigung der Krankenkasse Cannabis verordnen, er hat also ein größeres Möglichkeitsspektrum als bisher. Seit 2011 wurden einige Fertigarzneien auf Cannabisbasis für einzelne Indikationen wie Multiple Sklerose und Chemotherapie-Nebenwirkungen zugelassen.

Mit der neuen Regelung soll nun fürs erste, so Cerveny, die Verwendung von verschiedenen Cannabissorten erlaubt sein. Hunderte Sorten Cannabis gibt es. Cerveny zufolge sollten alle verfügbar sein, denn: "Bei jedem wirkt Cannabis anders." Es komme nicht etwa nur auf den Wirkstoff THC an, sondern auch auf CBD, viele andere Inhaltsstoffe und deren Zusammenspiel.

Deswegen seien gerade die 1020 Patienten, die vom BfArM bisher eine Ausnahmegenehmigung zur Nutzung hatten, die erfahrensten Spezialisten. "Wir werden gerade am Anfang sehr auf die Hilfe der Patienten angewiesen sein", sagt Cerveny.

Patientenlounge für E-Hanf-Dampf

Neue Patienten sollen am Zentrum umfassend beraten werden, bei Bedarf dann zum geeigneten Arzt gehen. Rundherum wird ein Kooperations-Netzwerk angestrebt. Vor Ort soll es eine Patientenlounge geben, für Austausch, und zum Dampfen. Vaporizer und E-Zigarette gelten als besonders wirksam und verträglich, so Cerveny. Verdampft wird ein E-Liquid, hergestellt aus getrockneten Cannabisblüten. Die sollen nun in absehbarer Zeit auch in Deutschland wachsen.

Lesen Sie dazu auch: Cannabis-Konsum: Führerschein verweigert Patienteninformation: Apotheker geben Tipps zum Thema Cannabis

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Kommentare
Robert Künzel 09.03.201718:51 Uhr

Kommerzialisierung ist m.E. der völlig falsche Ansatz

Die Reaktion der Kassen auf so ein Zentrum mit "E-Shisha-Lounge" incl. angegliederter Gastronomie (Heißhunger soll ja eine verbreitete (Neben)Wirkung sein) kann man sich (zumindest als Vertragsarzt) im Lichte des § 12 SGB V schon lebhaft vorstellen. Bei Therapiekosten im mittleren-oberen dreistelligen Eurobereich pro Monat werden die Regreßandrohungen gigantisch sein. Davon ausgehend, daß es tatsächlich einige wenige Patienten bundesweit geben mag, die auch unter strikter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes im GKV-Bereich Anspruch auf eine Versorgung zu Lasten der Krankenkassen haben mögen, so ist dieser Personenkreis in den Praxen der bisher schon behandelnden Schmerztherapeuten bzw. anderen Fachärzte problemlos mitzuversorgen (sie sind ja sowieso schon dort Patienten).
Durch den rein kommerziellen Ansatz einer Crowdfunding Kampagne und vor allem das geplante "Gepräge" dieser Einrichtung wird es Patienten und auch deren Therapeuten doch nur unnötig schwergemacht, die Politik, die Kostenträger und nicht zuletzt auch die gesamte Gesellschaft davon zu überzeugen, daß es hier um rein medizinische Aspekte geht.
Solange Cannabis dem BTM-Gesetz unterfällt sollte doch der leiseste Anschein nichtmedizinischen Gebrauchs (Sitzen in fröhlicher Runde, der Vaporizer kreist, aus dem angegliederten Biomarkt holt jemand Häppchen aus der Snacktheke, fehlt eigentlich nur noch die passende Beschallung) vermieden werden. Mir stehen die Haare zu Berge !

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