IDW-Analyse
In Alten- und Krankenpflege fehlten 2022 rund 35.000 Fachkräfte
In den Gesundheits- und Sozialberufen konnten im Jahr 2022 sechs von zehn Stellen nicht mit qualifiziertem Personal besetzt werden, berichtet das Institut der deutschen Wirtschaft (IDW). Gesundheitssachverständige erarbeiten aktuell ein Gutachten dazu.
Veröffentlicht:Berlin. Der Mangel an qualifizierten Fachkräften in Deutschland steigt rapide an. Nicht adäquat besetzen konnten die Arbeitgeber im Jahr 2022 rund 630.000 offene Stellen.
Die so genannte „Fachkräftelücke“ beschreibt die Zahl der offenen Stellen, für die es bundesweit rechnerisch auch unter den arbeitslos gemeldeten Menschen keine passend qualifizierten Fachkräfte gibt. Im Vorjahr habe dieser Wert bei 355.188 offenen Stellen gelegen, heißt es in einer am Montag veröffentlichten Untersuchung.
Am intensivsten war dieser Fachkräftemangel in den Gesundheits- und Sozialberufen. Hier hätten sechs von zehn offenen Stellen nicht besetzt werden können, hat das Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (KOFA) beim Institut der deutschen Wirtschaft (IDW) am Montag mitgeteilt.
Hoher Stellenüberhang
Im Durchschnitt haben demnach in der Altenpflege 18.013 Fachkräfte mit abgeschlossener Ausbildung gefehlt, in der Gesundheits- und Krankenpflege 16.974 (siehe nachfolgende Grafik).
Auffällig sei, so stellen die IDW-Statistiker fest, dass alle Berufe mit hohem Fachkräfteengpass im Gesundheits- und Sozialwesen gleichzeitig auch einen hohen Stellenüberhang aufwiesen.
So hätten in 20 der insgesamt 43 Berufe aus dem Bereich „Gesundheit, Soziales, Lehre und Erziehung“ acht bis neun von zehn offenen Stellen auch rechnerisch nicht besetzt werden können, weil keine entsprechend qualifizierten Arbeitslosen zur Verfügung gestanden hätten. Der Arbeitgeberverband Pflege (AGVP) hatte erst vor kurzem unter anderem wegen des Personalmangels vor einem „Heimsterben“ gewarnt.
„Deutschland droht Heimsterben“
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Personalmangel unter der akademischen Lupe
Über alle Branchen betrachtet habe sich der Arbeitsmarkt trotz des russischen Angriffs auf die Ukraine, Corona, Inflation, unterbrochener Lieferketten und gestiegener Energiekosten im Berichtsjahr stabil entwickelt, meldet das KOFA. Nicht Bestandteil der Analyse seien Arbeitslose, denen kein Beruf oder ein Qualitätsniveau zugeordnet werden könne.
Dazu zählen zum Teil sehr gut ausgebildete Flüchtlinge zum Beispiel aus der Ukraine, die aufgrund fehlender Sprachkenntnisse und Anerkennung ihrer Abschlüsse aus der normalen Statistik fallen.
Der Personalmangel in den Gesundheits- und Pflegeberufen wird derzeit wissenschaftlich unter die Lupe genommen. Der neue Vorsitzende des Sachverständigenrats Gesundheit und Pflege Professor Michael Hallek hatte zum Amtsantritt im Februar angekündigt, die fehlenden Fachkräfte zum Gegenstand der ersten Stellungnahme des neuen Sachverständigenrats zu machen. (af)