China-Krise
Analysten setzen auf ein gutes Ende
Anleger schauen gebannt auf die Börsenturbulenzen im Reich der Mitte. Die Finanzexperten rechnen aber mit guten Renditechancen.
Veröffentlicht:NEU-ISENBURG. Die Emotionen schlagen hoch: Allein im August hat der Deutsche Aktienindex DAX bis zu 18 Prozent verloren, bevor er sich ein wenig erholte.
Hintergrund der Verunsicherung ist die schlechtere wirtschaftliche Lage in China. Anleger fragen sich: Droht deswegen in den USA und Europa ein ausgedehnter Abschwung wie 2008?
Oder haben wir das Schlimmste überstanden, und ist es an der Zeit, günstig Aktien oder Fonds zu kaufen?
In den Augen der meisten deutschen Sparer gleicht die Börse einem Tollhaus, das von Emotionen regiert wird und keiner Logik folgt.
"In der Tat können Angst und Gier auf kurze Sicht das Geschehen beherrschen, doch längerfristig nimmt der Aktienmarkt die wirtschaftliche Entwicklung beeindruckend genau vorweg", hält Rolf Kazmaier von der SVA Vermögensverwaltung in Stuttgart dem entgegen.
Weiteres Wachstum in China
Wer denkt wie der Finanzprofi, stellt sich jetzt die Frage: Mündet die Schwäche Chinas in einen weltweiten Wirtschaftsabschwung mit vorhergehender Aktienbaisse - oder werden die Börsen in den USA und Europa mit dem Thema so rasch "durch sein" wie mit der Asienkrise 1997, die nach wenigen Monaten abgehakt war?
Für Anton Vetter von der BV&P Vermögen AG in Kempten ist die Antwort klar: "Die Lage in China ist zwar ernst, doch auch mit einem Plus von ‚nur‘ vier oder fünf Prozent wird die Wirtschaft weiter wachsen. Eine globale Rezession ist trotz der aktuellen Aufregung extrem unwahrscheinlich."
In der Tat leiden die Industriestaaten, von Branchen wie den Autobauern abgesehen, bislang wenig unter dem nachlassenden Wachstum in Fernost.
Der Grund: Die entwickelten Länder treiben weitaus mehr Handel miteinander als mit China.
Die Einkaufsmanager-Indizes zeigen zudem, dass es auch künftig kaum zu einer Rezession kommen dürfte: Der Index für das gesamte Euro-Land hält sich mit 52,3 Punkten stabil über der Wachstumsschwelle von 50 Zählern; in Deutschland hat der Wert im August sogar deutlich auf 53,3 Punkte zugelegt.
"Von der Schwäche Chinas sind vor allem Länder betroffen, die Rohstoffe exportieren - etwa Russland und Brasilien -, sowie Länder, deren Wohl und Wehe wie bei Taiwan und Südkorea von China abhängt", so Kazmaier.
Zinskurve verbreitet Zuversicht
Wer sich auf diese Indizien allein nicht verlassen will, um sein Geld anzulegen, dem kann ein weiteres Argument helfen. Die Rede ist von der Zinskurve - also dem Abstand zwischen den Leitzinsen, die die Notenbank festlegt, und den Zinsen für längerfristige Anleihen.
Denn: Seit 1945 kam es in den USA und Deutschland nur dann zu einer späteren Rezession, wenn die kurzfristigen Leitzinsen in den USA höher waren als die Anleihezinsen.
"Diese Abschwünge der Wirtschaft nahm der Aktienmarkt wegen der geringeren Gewinne respektive der Verluste der Unternehmen treffsicher vorweg", so Kazmaier.
Aktuell sind die Zinsen von einer solchen umgekehrten, auch invers genannten Struktur weit entfernt: Die US-Leitzinsen liegen zwischen 0 und 0,25 Prozent und werden selbst bei einer Zinserhöhung in den kommenden Monaten wohl auf Dauer sehr niedrig bleiben; zehnjährige Staatsanleihen indes rentieren mit derzeit fast 2,2 Prozent.
Für Vetter liegt die Folgerung ganz klar auf der Hand: "Wenn die Zinskurve keine kommende Rezession anzeigt, dann werden die Aktienmärkte auch nicht in einen langen Abschwung übergehen.
Der aktuelle Einbruch könnte somit, vor allem bei exportlastigen deutschen Titeln, eine gute Zeit sein, um Aktien zu kaufen oder aufzustocken."
Verläuft die Entwicklung in etwa wie 1997 nach der Asienkrise, könnten sich mutige Anleger schon bald die Hände reiben: Wer am Ende des Ausverkaufs im September 1997 einen Dax-Fonds kaufte und hielt, freute sich Anfang Juli 1998 über 50 Prozent Zuwachs.