Apothekertag

Apotheken fordern stärkeren Kampf gegen Lieferengpässe

Im Vorfeld des Apothekertages prangert die ABDA vor allem ein Thema an: Lieferengpässe von Arzneimitteln.

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BERLIN. Die Apotheken beobachten zunehmende Probleme mit nicht verfügbaren Arzneimitteln und fordern ein stärkeres Gegensteuern. „Lieferengpässe kommen leider immer häufiger vor und sind ein großes Ärgernis für Apotheken und ihre Patienten“, sagte der Vizepräsident der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA), Mathias Arnold, der Deutschen Presse-Agentur.

„Wichtige Schmerzmittel, Blutdrucksenker, Magensäureblocker oder Antidepressiva sind oft nicht verfügbar.“ Die momentane Situation sei unhaltbar. Nötig seien mehr Transparenz der Hersteller, bessere Rabattverträge der Krankenkassen und Anreize für die Produktion wichtiger Wirkstoffe in Europa.

Die Zahl der nicht verfügbaren Medikamente ist den Angaben zufolge im vergangenen Jahr auf gut neun Millionen Packungen gestiegen – das waren etwa zwei Prozent der Arzneimittel, für die es Rabattverträge mit den gesetzlichen Kassen gibt. In den Jahren 2016 und 2017 waren demnach je rund fünf Millionen Packungen nicht lieferbar gewesen.

„Wenn ein bestimmtes Präparat nicht verfügbar ist, muss der Apotheker ein wirkstoffgleiches Medikament beschaffen oder mit dem Arzt wegen eines neuen Rezeptes für einen anderen Wirkstoff in Kontakt treten“, sagte ABDA-Vize Arnold. Schließlich solle und dürfe kein Patient unversorgt bleiben. In vielen Apotheken würden zehn Prozent der Arbeitszeit oder mehr dafür aufgewendet, bei Lieferengpässen Lösungen für die Patienten zu finden.

Solche Engpässe sind auch ein Thema des Deutschen Apothekertags in Düsseldorf, der an diesem Mittwoch beginnt. Als eine Ursache gelten lange Lieferwege, wenn Medikamente beispielsweise in Indien oder Bangladesch hergestellt werden.

Zehn Prozent der Arbeitszeit für Arzneimittel-Suche

Apotheker verweisen zudem auf eine knappe Lagerhaltung der Industrie, teils würden Präparate auch erst auf Bestellung hergestellt. Ein Antrag für den Apothekertag schlägt vor, dass Herstellern für bestimmte unverzichtbare Arzneimittel vorgeschrieben wird, eine Zwei-Monats-Menge vorrätig zu halten.

Die Verärgerung der Apotheker über fehlende Arzneimittel, zeigt sich auch im aktuellen Apothekenklima-Index 2019, einer repräsentativen Meinungsumfrage von Marpinion im Auftrag der ABDA. Darin haben 91,2 Prozent der selbständigen Apotheker mittlerweile die Lieferengpässe bei Medikamenten als eines der größten Ärgernisse im Berufsalltag bezeichnet. Im Jahr 2016 hatten sich nur 35,5 Prozent der Inhaber darüber geärgert.

Erstmals lasse sich auch der damit verbundene zeitliche Aufwand quantifizieren: Sechs von zehn Apothekern (62,2 Prozent) gaben an, dass sie und ihre Beschäftigten mehr als zehn Prozent ihrer Arbeitszeit dafür aufwenden, um bei Lieferengpässen gemeinsam mit Ärzten, Großhändlern und Patienten nach Versorgungslösungen zu suchen. Das berichtet die ABDA mit Bezug auf den Index.

Jedes 50. Rabattarzneimittel mit Lieferschwierigkeiten

Und auch die Verordnungszahlen des Deutschen Arzneiprüfungsinstituts untermauern nach Angaben von Arnold die Angaben der befragten Apotheker. Demnach hat sich die Anzahl der Rabattarzneimittel, die aufgrund eines Lieferengpasses ausgetauscht werden mussten, bei gesetzlich krankenversicherten Patienten von 5,0 Millionen Packungen im Jahr 2016 auf 9,3 Millionen Stück im Jahr 2018 fast verdoppelt.

Betroffen ist nach seinen Angaben etwa jedes 50. Rabattarzneimittel (9,3 von 450 Millionen Packungen im Jahr 2018). Im Jahr 2018 hätten die Top-10-Wirkstoffe mit 4,7 Millionen Arzneimitteln fast die Hälfte der 9,3 Millionen Lieferengpässe ausgemacht.

Den ersten Platz auf der Liste der Lieferengpässe belegt hochdosiertes, rezeptpflichtiges Ibuprofen mit 1,6 Millionen Packungen. Ebenfalls unter den Top-10 rangieren die Blutdrucksenker Valsartan, Ramipril und Bisoprolol sowie deren Kombinationen mit Diuretika. (dpa/run)

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Kommentare
Dr. Günter Wolowski 24.09.201920:03 Uhr

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Zahlreiche Antidepressiva und Neuroleptika sind seit Monaten nur noch begrenzt oder gar nicht lieferbar. Es geht um mehr als nur um "Engpässe". Die Patienten sind massiv verunsichert. Apotheken und Ärzte haben deutlich mehr Arbeit, um nach Alternativen zu suchen, die es oft leider nicht gibt.

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