Geldanlage
Bankaktien gewinnen wieder an Glanz
Der bevorstehende Stresstest lässt derzeit die Aktienkurse europäischer Banken Achterbahn fahren. Langfristig sehen Experten bei vielen Titeln aber erhebliches Kurspotenzial.
Veröffentlicht:NEU-ISENBURG. Die Aktiencharts gleichen der Fieberkurve eines Malariapatienten: Seit die Europäische Zentralbank zu Jahresbeginn angekündigt hat, im Sommer und Herbst die 124 größten Geldhäuser des Kontinents auf Herz und Nieren zu prüfen, springen deren Börsennotierungen mit jeder neuen Wasserstandsmeldung zum Stresstest auf und nieder.
Beispiel Commerzbank: Das Papier von Deutschlands zweitgrößtem Geldhaus verlor Ende Februar fast zwölf Prozent, legte danach 20 Prozent zu und fiel anschließend um 23 Prozent. Kaum anders sieht es bei anderen Branchentiteln aus. Die Aktie der italienischen UniCredit fiel im Februar um elf Prozent, gewann im März 25 Prozent und verlor anschließend 16 Prozent.
Börsianer sind verunsichert, ob die einzelnen Banken den Test bestehen oder sich am Ende zusätzliches Eigenkapital durch Kapitalerhöhungen besorgen müssen. Weil die Gesellschaften dazu neue Aktien ausgeben müssten, würde der Wert der alten Papiere schrumpfen.
Die Deutsche Bank hat die Unsicherheit jetzt bereits im Vorfeld beendet und eine Kapitalerhöhung um acht Milliarden Euro beschlossen. Dadurch ist der Aktienkurs in den vergangenen Wochen zwar um knapp acht Prozent gesunken. Analysten sehen darin aber vor allem eine Einstiegschance.
"Die Kapitalerhöhung zerstreut die Sorgen um die Kapitalisierung der Deutschen Bank und stützt deren Wachstumsstrategie", sagt Robert Murphy, Analyst der Londoner Großbank HSBC. Sein Kursziel für die Aktie liegt bei 41 Euro. Das würde einem Gewinn von mehr als 30 Prozent gegenüber der gegenwärtigen Notierung entsprechen.
Auch für andere Bankwerte gibt es positive Empfehlungen: Azzurra Guelfi, Analystin der US-Bank Citigroup, rät zum Kauf der UniCredit-Aktie.
Kreditgeschäft läuft wieder an
Das Institut habe im ersten Quartal seinen Nettozinsertrag signifikant verbessert und sei gut aufgestellt, um "die Profitabilität deutlich zu steigern". Goldman-Sachs-Analyst Martin Leitgeb hat die Aktie der niederländischen ING mit Kaufen eingestuft. Die Bank werde ihre Gewinne in den kommenden Jahren merklich steigern.
Was die Experten so optimistisch stimmt, ist die beginnende Konjunkturerholung in den bisherigen Krisenstaaten Europas. "Die Wirtschaft zieht wieder an und damit der Bedarf der Unternehmen an Krediten", sagt Folker Hellmeyer, Chefvolkswirt der Bremer Landesbank.
"In den kommenden Jahren werden Banken deutlich mehr Darlehen an Firmen ausreichen und dadurch erhebliches Gewinnwachstum erzielen." Dass eine größere Zahl von Instituten den Stresstest nicht bestehen wird, glaubt der Ökonom nicht. Hellmeyer: "Europas Banken haben nach der Krise ihre Hausaufgaben gemacht und sind heute größtenteils gut aufgestellt."
Das spiegelt sich auch in den Kursen der Credit Default Swaps (CDS) wider. Mit diesen Derivaten können sich Profiinvestoren gegen Zahlungsausfälle absichern, wenn sie in Anleihen von Unternehmen oder Staaten investieren. Je billiger diese Versicherung ist, desto geringer wird das Ausfallrisiko des Anleiheemittenten erachtet.
Nach Angaben des Deutschen Derivate Verbands (DDV) beträgt der Preis für ein CDS auf eine als absolut sicher geltende fünfjährige Bundesanleihe derzeit 22,8 Basispunkte. Das sind 0,228 Prozent des Investitionsbetrags. Bei der Zeichnung fünfjähriger Bundesanleihen im Wert von 100 Millionen Euro kostet ein CDS mithin 228.000 Euro.
Ein CDS auf Anleihen der Deutsche Bank kostet derzeit 68,10 Basispunkte und liegt damit am unteren Ende der Bankenwerte. Der Preis für ein CDS auf Anleihen der deutschen UniCredit-Tochter Hypovereinsbank beträgt 114,5 Basispunkte. Für Anleihen der Hamburg-Schleswig-Holsteinischen Landesbank HSH Nordbank kostet die Versicherungsprämie 178,9 Basispunkte.