Fachkräftemangel
Berufsverband sieht Deutschland vor großer Pflegekrise
Schon heute kann der Pflegebedarf in Kliniken und Heimen nicht gedeckt werden. Die Situation werde sich noch dramatisch verschärfen, so die Präsidentin des Berufsverbandes für Pflegeberufe, Christel Bienstein.
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„Hunderttausende Pflegekräfte gehen in den nächsten zehn Jahren in Ruhestand“: DBfK-Präsidentin Professor Christel Bienstein.
© Georg Moritz, Berlin
Berlin/Köln. Die Präsidentin des Deutschen Berufsverbandes für Pflegeberufe (DBfK), Professor Christel Bienstein, sieht Deutschland vor einer ernsten Pflegekrise. In den kommenden zehn Jahren werde man mehrere hunderttausend Fachkräfte verlieren, die in den Ruhestand gingen, sagte sie am Dienstag im „Deutschlandfunk“.
Das bedeute, dass viele Menschen keinen ambulanten Pflegedienst mehr fänden und auch keine Angehörigen in stationären Einrichtungen unterbringen könnten, weil Personal fehle. Nötig seien eine „Risikoplanung“ und eine „grundsätzliche Gesundheitsreform“.
Zweifel an Wirksamkeit der geplanten Tagespauschalen
Bei dieser Reform müsse es darum gehen, unnötige stationäre Operationen zu vermeiden und die Zusammenarbeit der Krankenhäuser auszubauen. Darüber hinaus brauche es Primärversorgungszentren in den Gebieten, in denen es nicht mehr genügend Hausärzte gebe, schlug die DBfK-Präsidentin vor.
Zu Plänen von Gesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD), in den Krankenhäusern Tagespauschalen für Behandlungen ohne Übernachtung der Patienten einzuführen, sagte Bienstein, sie glaube nicht, „dass das wirklich hilft“. Es sei durchaus möglich, in Deutschland „viel mehr ambulante Versorgung vorzunehmen als das im Augenblick der Fall ist, aber wir werden damit nicht die Nachtdienste entlasten“.
Verbindliche Personalbemessung
Lauterbach: Machen Ernst mit der Entlastung der Krankenhauspflege
Es gebe noch immer Situationen, in denen eine Pflegekraft 28 schwererkrankte Patienten in der Nacht zu betreuen habe. „Selbst, wenn sie nachher nur noch 18 hätte, würde das nicht unbedingt der große Wurf sein.“ Lauterbach hatte dagegen betont, Tagesbehandlungen in Kliniken könnten auch zu einer Entlastung von Pflegekräften führen, da Nachtschichten wegfielen.
Forderungen nach Ende der Corona-Impfpflicht
Bienstein äußerte sich auch zu Forderungen nach einem Ende der Corona-Teil-Impfpflicht im Gesundheitswesen. Der Berufsverband habe sich für die allgemeine Impfpflicht bei Corona ausgesprochen, „weil es gar nichts bringt, wenn nur einzelne Personen geimpft sind, und dann kommen Personen in Einrichtungen, die nicht geimpft sind“, so Bienstein.
Zur Debatte um die Maskenpflicht für die Bewohner von Pflegeheimen erklärte Bienstein, die Maßnahme sei nicht durchzusetzen und für viele Bewohner sehr belastend und unverständlich. Es gebe einen hohen Anteil demenzerkrankter Menschen in den Einrichtungen. Bienstein verwies zugleich darauf, dass ein hoher Anteil der Bewohner mehrfach geimpft sei. (KNA/hom)