„Weltneuheit“
BfArM genehmigt die ersten „Apps auf Rezept“
Ärzte können die ersten digitalen Gesundheitsanwendungen verordnen. Zugelassen sind seit Dienstag zwei Anwendungen zur Therapie bei Tinnitus sowie bei Symptomen von bestimmten Angststörungen.
Veröffentlicht:Bonn. Ärzte in Deutschland können seit Dienstag erstmals digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) verordnen. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat die ersten „Apps auf Rezept“ im DiGA-Verzeichnis aufgenommen.
Sie können ab sofort von Vertragsärzten bei entsprechender Diagnose mittels Muster 16 verschrieben und von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet werden. Als erste Anwendungen haben die App „Kalmeda“ und die Webanwendung „velibra“ die Zulassungsprüfung durch das BfArM bestanden.
Die App Kalmeda des Herstellers mynoise GmbH bietet Patienten mit chronischer Tinnitus-Belastung eine mehrmonatige, leitlinienbasierte Verhaltenstherapie, die um Entspannungsanleitungen ergänzt wird. Ärzte verordnen die Therapie über 90 Tage mittels Pharmazentralnummer (PZN) 16876740, die die Kassen einstweilen 116,97 Euro kostet.
21 weitere DiGA in der Prüfung
Velibra (Gaia GmbH) ist ein webbasiertes Programm für Patienten mit generalisierter Angststörung, einer Panikstörung mit oder ohne Agoraphobie oder sozialen Phobien. Das Programm vermittelt den Angaben zufolge Methoden und Übungen einer kognitiven Verhaltenstherapie. Es ist als Ergänzung zur üblichen Behandlung, etwa durch den Hausarzt, gedacht. Ärzte verordnen die Anwendung über 90 Tage mit der PZN 16879359. Die Kosten für die GKV betragen 476 Euro.
Weitere Anwendungen sollen kurzfristig in das Verzeichnis hinzukommen, heißt es vom BfArM. Aktuell befinden sich demnach noch 21 Anwendungen im Prüfverfahren. Für weitere rund 75 Anwendungen hat das Innovationsbüro des BfArM bereits Beratungsgespräche mit den Herstellern geführt.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) nannte das DiGA-Verzeichnis eine „Weltneuheit“. Es soll „für Ärzte zum Digital-Lexikon werden. Hier finden sie, welche Apps und digitalen Anwendungen verordnet werden können“, so Spahn.
BfArM prüft auch Datenschutz und Co.
Die im Verzeichnis enthaltenen Informationen sollen Ärzte unterstützen, gemeinsam mit dem Patienten eine DiGA auszusuchen, die für dessen Indikation geeignet ist. Auch sollen sie erkennen, ob mit der Verordnung ärztliche Leistungen, etwa regelmäßige Besprechungen der digitalen Dokumentation, nötig sind.
Im DiGA-Verzeichnis werden Gesundheits-Apps gelistet, die als Medizinprodukt mit niedrigem Risiko CE-zertifiziert sind, und zusätzlich vom BfArM im Fast-Track-Verfahren unter anderem auf Funktionstauglichkeit, Datenschutz und Interoperabilität geprüft worden sind.
BfArM-Präsident Professor Karl Broich: „Mit der erstmalig systematischen und zügigen Prüfung digitaler Gesundheitsanwendungen im neuen Fast-Track-Verfahren leistet das BfArM einen wichtigen Beitrag zur Digitalisierung der Gesundheitsversorgung.“