Streit um Klinikreform und Transparenzgesetz
Brandenburg: Krankenhausgesellschaft kritisiert Online-Atlas für Kliniken
Viele Patienten fragen sich vor einer geplanten Operation: Wie gut ist eine bestimmte Klinik? Ein Online-Atlas soll künftig über die Leistungen Auskunft geben. Krankenhäuser sorgen sich, dass ihr Ansehen gefährdet wird.
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Detlef Troppens, Vorsitzender der Landeskrankenhausgesellschaft, hier bei einer Veranstaltung im Jahr 2022, fürchtet, dass der geplante Online-Atlas mit Nennung der Leistungsgruppen für Kliniken schädliche Auswirkungen haben könnte. (Archivbild)
© Jörg Carstensen / dpa
Potsdam. Die Landeskrankenhausgesellschaft befürchtet, dass der neue Qualitäts-Atlas für Kliniken dem Ruf einzelner Häuser in Brandenburg schadet. „Das Transparenzverzeichnis kann viele Krankenhäuser schädigen in ihrer Reputation“, sagte der Vorsitzende des Verbandes, Detlef Troppens, der Deutschen Presse-Agentur in Potsdam. Patientinnen und Patienten sollen Leistungen und Behandlungsqualität der Krankenhäuser in Deutschland bald mit einem staatlichen Online-Atlas vergleichen können. Das sieht das Kliniktransparenzgesetz vor.
Aus Sicht von Troppens kann das Portal, das im Mai 2024 starten soll, die Akzeptanz kleinerer Häuser gefährden. Es werde eine Art Ranking und eine Einstufung in gute und schlechte Kliniken erzeugt, meinte der Geschäftsführer der Oberhavel Kliniken GmbH. „Lauterbach will damit Fakten schaffen, dass Krankenhäuser minderer Stufe auch in ihrem Ansehen nach unten gezogen werden.“
Wer macht was? Transparenz für 65 Leistungsgruppen
Was soll das Verzeichnis zeigen? Konkret soll das Portal anzeigen, ob ein Krankenhaus eine Leistung anbietet - und zwar auch mit einer Fachabteilung. Im Entwurf vorgesehen sind 65 solcher Leistungsgruppen, die medizinische Angebote näher bezeichnen – etwa Infektiologie, Augenheilkunde, Urologie oder Intensivmedizin. Verständlich abrufbar sein sollen auch Daten zur Behandlungserfahrung (Fallzahlen), zum Personalschlüssel bei Fachärztinnen, Fachärzten und Pflegekräften sowie zu Komplikationsraten bei ausgewählten Eingriffen.
Troppens kritisierte eine „willkürliche Zuweisung von Leistungsgruppen“, die nicht automatisch die Qualität von Krankenhäusern widerspiegelten. Das Transparenzgesetz soll eine geplante große Krankenhausreform mit Neuregelungen zur Finanzierung ergänzen, auf deren Grundzüge sich Bund und Länder mehrheitlich verständigt hatten. Es wurden Befürchtungen laut, dass die Reformpläne ein Krankenhaussterben auslösen können.
„Ausstattung verlottert“
„Kliniken werden zugrunde gehen in den nächsten Jahren. Ich sehe schwarz für kleine Kliniken auf dem Lande“, sagte Troppens. „In Metropolregionen werden die Häuser die Qualitätsvorgaben und Qualifikationen eher schaffen als auf dem Land.“ Er hoffe, dass die Bundesländer gegen die Reform stimmen werden. In Brandenburg gibt es mehr als 50 Krankenhäuser.
Vielen Kliniken in ganz Deutschland geht es bekanntlich wirtschaftlich schlecht. Bis eine Reform überhaupt greifen kann, forderten Krankenhäuser immer wieder eine rasche zusätzliche Finanzspritze des Bundes. „Man sieht, dass die Ausstattung der Krankenhäuser verlottert“, meinte Troppens. Erst würden Schönheitsreparaturen nicht mehr gemacht, dann leide die Ausstattung, und es fehle Geld für Investitionen.
Elbe-Elster-Klinikum in finanzieller Schieflage
In Brandenburg steckt etwa das Elbe-Elster-Klinikum mit drei Standorten in einer finanziellen Schieflage. Stationen werden geschlossen. Die stationäre Versorgung wird ab Juni 2024 weitgehend auf zwei Standorte gebündelt, wie das Klinikum vor kurzem mitgeteilt hat. Als Gründe wurden die unzureichende Vergütung der Krankenhausleistungen genannt, aber auch die bislang von Gesundheitsminister Lauterbach abgelehnte Finanzierung der Krankenhäuser bis zur Umsetzung der Krankenhausreform.
Das Krankenhaus Spremberg (Landkreis Spree-Neiße) hatte 2022 eine Planinsolvenz als Schutzschirmverfahren beantragt und einen Sanierungsplan zur Rettung aufgestellt. (dpa)