Versorgungszentren
Bundesrat will MVZ-Ketten an die Leine nehmen
Der Gesundheitsausschuss will das Terminservicegesetz für die Anliegen der Länder aufbohren. Betreiber von MVZ-Ketten sollen keine marktbeherrschende Stellung bekommen.
Veröffentlicht:BERLIN. Der Bundesrat will die Zulassungskriterien für MVZ verschärfen und die Bildung einer marktbeherrschenden Stellung einzelner MVZ-Ketten verhindern.
Das geht aus den Empfehlungen des Bundesrats-Gesundheitsausschusses für das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) hervor. Das Plenum der Länderkammer wird am 23. November über die Empfehlungen abstimmen.
Zulassungen sollen nur dann möglich sein, wenn der MVZ-Träger im jeweiligen KV-Bezirk seinen Sitz hat und wenn der Versorgungsanteil in der jeweiligen Fachgruppe einen Anteil von 25 Prozent nicht überschreitet. Damit solle „schädlichen Monopolisierungstendenzen“ durch MVZ-Ketten begegnet werden.
Schon der Entwurf der Bundesregierung enthält die Klausel, dass die Gründungsberechtigung von Erbringern nicht-ärztlicher Dialyseleistungen auf fachbezogene MVZ beschränkt werden soll. Doch der Gesundheitsausschuss fordert nun weitergehende Vorgaben.
Mehr Spielraum für Ärztenetze
Qualitätsverträge
Die Bundesländer starten einen neuen Versuch, um „Qualitätsverträge“ ins SGB V zu hieven. Den ersten Anlauf im Versichertenentlastungsgesetz hatte die Koalition noch abgebügelt.
Kassen soll es mit einem neuen Paragrafen 135 d ermöglicht werden, zusätzlich zur Regelversorgung bürokratiearm „Qualitätsverträge“ aufzulegen.
KVen und die Deutsche Krankenhausgesellschaft können solche Verträge bereits schließen, für Kassen dagegen fehlt die Rechtsgrundlage bisher.
So soll die Gründung eines Krankenhaus-MVZ nur noch möglich sein, wenn die Klinik „einen fachlichen oder räumlichen Bezug zum Versorgungsauftrag des MVZ hat“.
Dies soll verhindern, dass Krankenhäuser durch die Etablierung eines MVZ das Leistungsspektrum ausweiten. Ausnahmen sollen nur greifen, wenn so eine (drohende) Unterversorgung beseitigt werden kann.
Lockern will der Ausschuss hingegen die Vorgaben für anerkannte Praxisnetze. Sie sollen laut TSVG-Entwurf nur bei (drohender) Unterversorgung berechtigt sein, ein MVZ zu gründen.
Zu restriktiv, meint der Ausschuss. Er empfiehlt, die Gründung sollte – mit Zustimmung der KV – „in begründeten Einzelfällen“ erlaubt sein. Bremsen will die Länderkammer das geplante Aufbohren der Zulassungsbeschränkungen für Rheumatologen, Psychiater und Kinderärzte.
Damit würden alle räumlichen Steuerungsmöglichkeiten entfallen, heißt es warnend. Offenbar wird ein Niederlassungsboom befürchtet, weil sich ein Zeitfenster auftut, das sich mit dem Inkrafttreten der neuen Bedarfsplanung wieder schließen könnte.
Diese vorübergehende Niederlassungsfreiheit könnte kontraproduktiv für eine flächendeckende Versorgung sein, wenn Regionen mit schlechter Versorgung und Infrastruktur davon nicht profitieren. Alternativ könnten Landesausschüsse verpflichtet werden, kurzfristig den Bedarf für Sonderbedarfszulassungen zu prüfen.
Abmildern will der Ausschuss den im TSVG vorgesehenen Zwang für KVen, bei (drohender) Unterversorgung eine Eigeneinrichtung zu etablieren. Dies sei ein „zu weitgehender Eingriff in die Gestaltungsfreiheit“ der KVen, heißt es.
Schließlich gehe es im Falle drohender Versorgungslücken darum, die Übernahme von Praxen zu fördern. Genau dies könnte konterkariert werden, wenn KVen in dieser Situation verpflichtet werden, eigene Praxen zu etablieren. Weitere Empfehlungen:
- Impfstoffe: Eine Mehrfachrabattierung könne die schon bisher angespannte Liefersituation verschärfen. Für eine sichere Versorgung seien „stabile Rahmenbedingungen und auskömmliche Preise“ wichtig. Vorgesehen hat die Bundesregierung einen zusätzlichen gesetzlichen Abschlag von fünf (Impfstoffe) und zehn Prozent (saisonale Grippeimpfstoffe).
- Präexpositionsprophylaxe: Der Gesundheitsausschuss plädiert dafür, dass diese Leistung nur durch „geeignete Fachärzte im Rahmen von Selektivverträgen“ erbracht werden. Mehr Zeit sei zudem bei der Festlegung der Kriterien nötig, welche Arztgruppen das sein sollen.
- Erstattung von Verhütungsmitteln: Bislang bezahlt die GKV nur jungen Frauen bis 20 Jahre Kontrazeptiva. Diese Grenze sollte gestrichen werden, da finanzielle Bedürftigkeit nicht an ein bestimmtes Alter gebunden sei.
- Kosten für Präimplantationsdiagnostik: Die Kosten von mehreren tausend Euro stelle für betroffene Paare eine hohe Hürde da. Daher sollten Kassen den Versicherten Aufwendungen für eine rechtskonforme PID erstatten. Bei rund 200 Fällen im Jahr wären das rund 2,6 Millionen Euro.
- Wahltarife nicht abschaffen: Die 2007 in der GKV eingeführten Tarife sollen erhalten bleiben, im TSVG-Entwurf ist ihre Streichung vorgesehen. Anderenfalls könnten Kassen zum Beispiel nicht mehr per Satzung die Übernahme der Kosten für Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen regeln, so die Begründung.