Neue Eckpunkte zur THC-Freigabe
Cannabis-Legalisierung: Bundesregierung plant Abgabevereine
Die Bundesregierung kündigt eine zweistufige Cannabis-Legalisierung an. Mit der EU-Kommission hat man sich offenbar in Grundzügen verständigt.
Veröffentlicht:Berlin. Der Cannabiskonsum soll noch dieses Jahr in Deutschland legalisiert werden. Am Mittwoch präsentierten Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) vor der Bundespressekonferenz neue Eckpunkte zum Gesetzgebungsverfahren.
Danach sollen zwei Gesetzentwürfe kommen: Der eine noch im April, mit dem ein „gemeinschaftlicher, nicht-gewinnorientierter“ Marihuana-Eigenanbau geregelt wird; Lauterbach: „von mir aus können Sie auch von Clubs sprechen“.
Mit einem zweiten, voraussichtlich nach der Sommerpause zu erwartenden Gesetzentwurf, sollen regionale Modellprojekte zum Aufbau kommerzieller THC-Lieferketten vorbereitet werden. Diese wissenschaftlich auszuwertenden Versuche sollen Auskunft geben, wie sich unternehmerische Marihuanaproduktion und der Verkauf in lizenzierten Fachgeschäften auf den Gesundheits- und Jugendschutz sowie den Schwarzmarkt auswirken.
Die Ergebnisse, heißt es weiter, würden der EU-Kommission vorgelegt und könnten insofern auch auf EU-Ebene zu einer, so Lauterbach, „evidenzbasierten Cannabispolitik“ beitragen.
Özdemir: Gesetze möglichst zustimmungs- und notifizierungsfrei
Welche Einwände die Kommission gegen das ursprüngliche, im Oktober vorigen Jahres vorgestellte Legalisierungs-Setting der Bundesregierung konkret anzumelden hatte, wollten die beiden Minister am Mittwoch nicht sagen. Man habe diesbezüglich Vertraulichkeit vereinbart.
In der Hauptsache war wohl die öffentliche, geschäftsmäßige Cannabis-Abgabe das Problem. Die jetzt angekündigten Feldversuche dürften den Kompromiss darstellen. Man habe schließlich „nicht mit dem Kopf gegen die Wand laufen wollen“, so der Gesundheitsminister.
Landwirtschaftminister Özdemir ließ zugleich durchblicken, dass die beiden avisierten Gesetzentwürfe so formuliert werden sollen, dass sie weder zustimmungspflichtig im Bundesrat sind, noch notifizierungspflichtig in Brüssel. Zumindest was den zweiten Entwurf zu den Modellvorhaben angeht, ist die Notifizierungspflicht mit Sicherheit nicht auszuschließen.
Die wichtigsten Punkte der geplanten THC-Legalisierung im Eigenanbau:
- Vereine dürfen Cannabis unter gesetzlich zu definierenden Bedingungen anbauen und an ihre Mitglieder (maximal 500 Erwachsene mit Wohnsitz in Deutschland) abgeben. Der Zutritt zu den Vereinen soll nur Volljährigen erlaubt werden „mit einer strikten Pflicht zur Alterskontrolle“.
- Neben geerntetem Cannabis dürfen die Vereine ihre Mitglieder auch mit Samen und Stecklingen zum Eigenanbau versorgen. Noch zu prüfen sei, ob auch Nicht-Mitglieder von den Vereinen Saatgut beziehen dürfen.
- Vereinsmitglieder sollen höchstens 25 Gramm Cannabis-Blüten (oder Harz) pro Tag und höchstens 50g monatlich erhalten dürfen. „Heranwachsende unter 21 Jahren“, heißt es weiter, sollen höchsten 30g monatlich erhalten – und nur Sorten mit einem niedrigeren THC-Gehalt (im Detail noch zu bestimmen).
- Die vereinsmäßige Saatgutabgabe ist den Plänen zufolge auf sieben Samen oder fünf Stecklinge pro Monat limitiert. Wobei der straffreie Eigenanbau nur maximal drei weibliche blühende Pflanzen umfasst.
- Der Cannabiskonsum in den Räumen der Vereine soll ebenso verboten werden wie öffentlicher Konsum in der Nähe von Schulen, Kitas und in Fußgängerzonen bis 20 Uhr.
Darüber hinaus sollen Verurteilungen, die wie es heißt „ausschließlich wegen Handlungen im Zusammenhang mit Cannabis eingetragen sind, für die das Gesetz künftig keine Strafe mehr vorsieht (Besitz bis 25g/Eigenanbau bis max. 3 weibliche blühende Pflanzen)“, auf Antrag aus dem Bundeszentralregister gelöscht werden.
Entsprechende noch laufende Ermittlungs- und Strafverfahren würden mit Inkrafttreten des Gesetzes beendet. (cw)