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Cannabis-Vollsortimenter strebt Fertigarzneimittel gegen Rückenschmerz an

Das Unternehmen Vertanical hat eine Zulassungsstudie für ein Fertigarzneimittel auf Basis eines Cannabis-Extraktes gestartet. Indikation: chronischer Rückenschmerz; Investition: über 100 Millionen Euro.

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Cannabis-Anbau für das Unternehmen Vertanical: Die Pflanzen werden in Dänemark und Portugal gezogen, der Extrakt für das Fertigarzneimittel soll nach Zulassung in Deutschland hergestellt werden.

Cannabis-Anbau für das Unternehmen Vertanical: Die Pflanzen werden in Dänemark und Portugal gezogen, der Extrakt für das Fertigarzneimittel soll nach Zulassung in Deutschland hergestellt werden.

© obs

Neu-Isenburg. 800 Patienten mit chronischem Rückenschmerz inkludiert das Biopharmaunternehmen Vertanical GmbH, Gräfelfing, in eine Zulassungsstudie (Phase III) in Deutschland und Österreich. Das Ziel: die Zulassung eines Fertigarzneimittels auf Basis eines Cannabis-Extraktes.

Die Zulassung wird zunächst in Europa angestrebt, aber auch bei der FDA in den USA, kündigte Dr. Clemens Fischer, Mediziner und CEO der Futrue-Holding, zu deren Portfolio Vertanical gehört, bei einer Online-Pressekonferenz am Donnerstagmittag an.

„Wir wollen Opioide in der Schmerztherapie langfristig ersetzen“, formulierte Fischer die „Mission des Unternehmens“. Ziel sei es, eine „potente und verträgliche Alternative zur Behandlung mit Opioiden“ bei chronischen Rückenschmerzen zu etablieren. Alleine in Europa kämpften rund 25 Millionen Menschen mit chronischen Kreuzschmerzen oder den Folgen der medikamentösen Behandlung.

100 Prüfzentren, 800 Patienten

Jede fünfte bis vierte Opioid-Verordnung – je nach Studie – gehe darauf zurück, sagte Fischer weiter. Zu den Nebenwirkungen einer Opioid-Therapie gehören bekanntlich unter anderem Verstopfungen, Müdigkeit und Schlaflosigkeit.

Die nun in rund 100 Prüfzentren in Deutschland und Österreich aufgelegte Studie sei mit 800 Patienten weltweit die größte Zulassungsstudie für ein Cannabis-Arzneimittel, sie sei doppelblind und placebo-kontrolliert angelegt und genüge damit im Studiendesign allen Standards. Erste Ergebnisse sollen im kommenden Jahr vorliegen, auf die Zulassung hofft Fischer dann Ende des zweiten Quartals 2023. Die Gesamtinvestitionen für die Entwicklung des Fertigarzneimittels bis 2022 belaufen sich nach seinen Angaben auf mehr als 100 Millionen Euro.

Verordnung ohne Antrag auf Kostenerstattung in Sicht

Erhält das Unternehmen die Fertigzulassung für die angestrebte Indikation, dann könnten Ärzte in Deutschland erstmals ein Cannabis-Medikament auf BtM-Rezept bei chronischem Rückenschmerz ohne vorherigen Antrag auf Kostenerstattung durch die Krankenkasse verordnen. „Für die Ärzte wäre diese Handhabung ein gigantischer Schritt“, so die Einschätzung Fischers.

Auch die Haftung für schwere Nebenwirkungen gehe – anders als bei der Verordnung von Rezepturen – vom Arzt auf das Unternehmen über. Off label könne das Arzneimittel auch weiterhin nach Antrag bei der Kasse bei anderen Indikationen als Rückenschmerz verordnet werden.

Milliardenmarkt im Visier

Vertanical sei als Cannabis-Vollsortimenter bereits aktuell die Nummer 2 am Markt für Cannabis-Extrakte mit stark steigenden Umsätzen. Diese liegen aber bislang erst im mittleren einstelligen Millionenbereich, berichtete Fischer bei der Pressekonferenz. Mit einem zugelassenen Fertigarzneimittel, das als Alternative zu Opioiden verordnet werden könnte, würde sein Unternehmen allerdings einen Milliardenmarkt allein in Europa ins Visier nehmen.

Vertanical habe „sehr viel Geld ausgegeben“, um eine Cannabis-Pflanze zu finden, die mit ihrem Cannabinoid-Profil und der Kombination ebenfalls wirksamer Terpene für die Therapie optimiert sei. Sie sei ausgewählt worden „aus mehr als 500 Genetiken“. Die Pflanze werde jetzt als Klon in Anbaubetrieben in Dänemark und Portugal kultiviert. Der Extrakt soll dann in Deutschland hergestellt werden. (ger)

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