Chirurgen wollen Implantate in Zentren testen lassen
Deutschlands Chirurgen sehen sich zunehmend mit Implantaten konfrontiert, die ihrer Ansicht nach nicht ausreichend erprobt sind. Nun haben sie an Gesundheitsminister Rösler appelliert, Evaluationszentren aufzubauen.
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Künstliches Hüftgelenk: Geht es nach der DGCH, sollten Implantate vor dem breiten Einsatz in Zentren evaluiert werden.
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BERLIN (gvg). In einem Brief an Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler hat die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie (DGCH) ein neues Prozedere für die Einführung von Implantaten vorgeschlagen.
Kernpunkt ist die Einrichtung von Innovationszentren. Speziell bei Implantaten gebe es zunehmend das Problem, dass nicht ausreichend evaluierte Produkte den Weg in den Patienten fänden, betonte DGCH-Präsident Professor Axel Haverich von der Medizinischen Hochschule Hannover: "Die derzeit übliche CE-Zertifizierung alleine ist nicht geeignet, die Sicherheit und Wirksamkeit eines Implantats zu belegen."
So sei bei vielen Produkten, die heute auf den Markt kämen, die Biokompatibilität nicht ausreichend evaluiert. Auch fehlten häufig sowohl qualitativ hochwertige klinische Studien als auch geeignete Versuchsreihen an Großtiermodellen.
Als aktuelles Beispiel nannte Haverich Herzklappenimplantate, die aus zwei CE-zertifizierten Einzelkomponenten zusammengesetzt sind und deswegen gemäß derzeitiger Regelung nicht mehr eigens an Tiermodellen getestet werden müssten. "Das kann nicht im Interesse des Patienten sein", so der Chirurg.
Die DGCH hat Rösler in einem Brief deswegen vorgeschlagen, sogenannte Innovationszentren einzurichten, in denen Implantate unter akademisch-chirurgischer Leitung vor der Markteinführung evaluiert werden können. Dabei sollen jene Evaluationsschritte angeboten werden, die der jeweilige Hersteller nicht selbst vornehmen kann oder will, von der Präklinik bis hin zu Phase 2-Studien.
"Dieser Prozess müsste vor der CE-Zertifizierung stattfinden, um zu verhindern, dass nicht ausreichend geprüfte Produkte in den Markt kommen, die ein Sicherheitsrisiko für den Patienten darstellen", so Haverich. Er schätzt, dass etwa zehn bis 15 derartige Zentren nötig wären, um die gesamte Bandbreite der chirurgischen und interventionellen Disziplinen abzudecken.