Das Kreuz mit den Zertifikaten

Das unkoordinierte Ansammeln verschiedenster Zertifikate ist nicht nur sinnlos, sondern auch kostspielig - das haben viele Akteure im Gesundheitswesen inzwischen erkannt. Jetzt sollen einheitlich anerkannte Kriterien eingeführt werden.

Von Eugenie Wulfert Veröffentlicht:
Viele Zertifikate an der Wand bedeuten noch lange keine bessere Qualität der Arztpraxis.

Viele Zertifikate an der Wand bedeuten noch lange keine bessere Qualität der Arztpraxis.

© jupiterimages / Thinkstock

BERLIN. Immer mehr Zertifikate hängen in den Eingangshallen der Kliniken und in den Wartezimmern der Praxen. Sie sollten den Patienten und Geschäftspartnern eigentlich die hohe Qualität der Einrichtung signalisieren, werden aber kaum noch beachtet.

Das Vertrauen in Zertifizierungen schwindet zunehmend. Einheitliche und transparente Kriterien in der Zertifizierungspraxis sollen diesen Trend stoppen.

Bedeutung und Wert oft fraglich

In den vergangenen Jahren haben Zertifizierungen in der Medizin immer mehr an Bedeutung gewonnen. Ihre Vielfalt hat inzwischen aber auch zu Unsicherheit und Verwirrung geführt.

Die Bedeutung und der Wert der ausgestellten Zertifikate sind oft fraglich - auch weil die Unabhängigkeit der Prüfenden angezweifelt wird. Die normativen Kriterien der Zertifizierung beruhen oft nicht auf einem breiten Konsens aller interessierten Kreise und sind nicht allgemein zugänglich.

Eigentlich sollen Zertifizierungen die Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität bescheinigen. "Sie sollen aber auch helfen, Vertrauen der Patienten, der niedergelassenen Ärzte, der Behörden und Kostenträger zu gewinnen", sagte Volker Feldkamp, Vorstandsmitglied der Rhön Klinikum AG auf dem DGHO-Symposium zum Thema Zertifizierung in der Medizin in Berlin.

Vor allem Patienten würden Zertifikate zur Orientierung brauchen.

Fachgesellschaften können Zertifizierungen frei gestalten

Die meisten Zertifizierungen bewegen sich aber bisher im gesetzlich nicht geregelten Bereich und können daher relativ frei von den Fachgesellschaften gestaltet werden.

Jedes Konzept setzt eigene Schwerpunkte, die aber oftmals wenig bis nichts miteinander gemein haben: Eine Zertifizierungsstelle misst die Prozessqualität, die andere schaut eher auf die Ergebnisqualität.

"Wir müssen sicherstellen, dass alle nach einheitlichen und nach außen hin verständlichen Kriterien zertifizieren. Nur dann sind die Ergebnisse vergleichbar", sagte Andreas Steinhorst, Geschäftsführer der Deutschen Akkreditierungsstelle (DAkkS).

Um das schwindende Vertrauen in Zertifikate zu stärken, hat die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (DGHO) bereits 2010 eine Charta und Selbstverpflichtung "Gute Praxis bei der Durchführung von Zertifizierungen in der Medizin" vorgelegt.

"Vertrauen und Zuverlässigkeit in die Zertifizierung wieder herstellen"

Danach soll unter anderem die Zertifizierung nur von Zertifizierungsunternehmen erteilt werden, die von der jeweiligen Fachgesellschaft unabhängig und von der Deutschen Akkreditierungsstelle anerkannt sind.

Bis 2010 waren 20 staatliche und privatwirtschaftliche Akkreditierungsstellen mit der Aufgabe der Akkreditierung in Deutschland betraut. Nachdem die EU die Akkreditierung von Messstellen zu einer hoheitlichen staatlichen Aufgabe erklärt hat, wurde die Deutsche Akkreditierungsstelle geschaffen.

"Wir sollten das als Chance begreifen, Vertrauen und Zuverlässigkeit in die Zertifizierung wieder herzustellen", sagte Carsten Sterly, Mitglied des Fachbeirates Gesundheit, Forensik und Pflege im Bundeswirtschaftsministerium.

Denn eine Akkreditierung der DAkkS soll bestätigen, dass ein Zertifizierungsunternehmen die nötige Kompetenz besitzt sowie unabhängig ist und das Zertifizierungsverfahren zielführend und sinnvoll ist.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Bunt war gestern, heute zählt Substanz

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