Kommentar zum Kampf gegen Bürokratie

Digitalisierung bedeutet nicht weniger Bürokratie

Ein Entbürokratisierungsprogramm der FDP-Fraktion setzt auf Digitalisierung. Ob digitale Datenmassen Bürokratie am Ende verringern, ist allerdings fraglich.

Sybille CornellVon Sybille Cornell Veröffentlicht:

Der Name „Corona-Entbürokratisierungsprogramm“ der FDP-Fraktion lässt schmunzeln, denn das Virus hat die bürokratischen Erfordernisse weder hervorgerufen, noch wird es sie lösen. Der Ruf nach Digitalisierung in dem Programm ist zudem sicher richtig und zukunftsweisend, allerdings erscheint es zu kurz gedacht, dass damit Bürokratie verhindert wird.

Nur weil Arztberichte digitalisiert vorliegen und als Datei weniger Platz wegnehmen als Papierstapel, werden die Datenmengen nicht abnehmen. Sie könnten sogar zunehmen, weil es bequemer ist, nicht verdichtete Daten einfach zu speichern. Der nächste Bearbeiter hat dementsprechend mehr (bürokratischen) Aufwand.

Im Detail sind die Forderungen der FDP-Fraktion im Gesundheitsbereich nicht besonders fantasievoll: Die digitale Vernetzung wird mit dem gerade laufenden Ausbau der Telematikinfrastruktur realisiert, die vollständige Interoperabilität ist dabei ein – allerdings noch ungelöstes – Dauerthema.

Der Rollout des DEMIS läuft, wenn auch vielleicht langsamer als ursprünglich geplant. Das Fernbehandlungsverbot wurde bereits gelockert. Für die elektronische AU gilt nach dem vor einem Jahr verabschiedeten Bürokratieentlastungsgesetz III bereits, dass Arbeitgeber ab dem 1. Januar 2021 die AU digital bei den Kassen einfordern können.

Die von der FDP geforderte Digitalisierung als Lösung für Entbürokratisierung steht in deutlichem Widerspruch zu den tatsächlichen Entwicklungen. Wie die Bundesärztekammer (BÄK) in ihrem heute erschienenen Memorandum beklagt, haben sich „die immensen (Dokumentations-)Anforderungen zu einem Selbstzweck entwickelt“. Insbesondere für die Qualitätssicherung sei ein zu hoher bürokratischer Aufwand notwendig. Die externe Qualitätssicherung entwickle sich zunehmend zu einem Instrument externer Kontrolle, so die BÄK.

Dies deutet darauf hin, dass, wo Daten sind, sie auch gesammelt, gespeichert und für weitere Zwecke verwendet werden. Daraus kann sich effiziente Forschung entwickeln oder eine Verbesserung der Patientenversorgung ergeben, genauso können aber auch Kontrolle und Aufwand, mit den Daten umzugehen, das Resultat sein.

Die Digitalisierung des Gesundheitswesens steht erst am Anfang. Ob am Ende tatsächlich weniger Bürokratie herauskommt, ist eher zu bezweifeln.

Schreiben Sie der Autorin: sybille.cornell@springernature.com

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