Anlagen-Kolumne
Dividende: Kein Votum ohne Blick auf Steigerungspotenzial!
Die Dividendenrendite ist für viele Anleger die wesentliche Kennzahl bei der Auswahl von Aktien. Die Sichtweise greift aber zu kurz.
Veröffentlicht:Die Dividendenrendite ist für viele Anleger die wesentliche Kennzahl bei der Auswahl von Aktien. Sie verfahren dabei allzu häufig nach dem Motto: Je höher, desto besser. Diese Strategie ist bei näherer Betrachtung jedoch nicht sinnvoll.
Dividenden sind jener Teil des Gewinns, den ein börsennotiertes Unternehmen an seine Aktionäre ausschüttet. Die freuen sich darüber, weil sie so jedes Jahr eine Rendite auf ihr in ein Unternehmen investiertes Kapital erzielen. Manche Anleger vergleichen deshalb die Dividende mit der jährlichen Zinszahlung auf ein Sparguthaben. Allerdings sollten dabei ein paar Punkte bedacht werden.
Hoher Preis, tiefe Dividendenrendite
Erstens kann eine prozentual hohe Dividendenrendite bedeuten, dass die Aktie bei Investoren wenig gefragt ist. Die Dividendenrendite wird ermittelt, in dem der Ausschüttungsbetrag durch ein Hundertstel – oder ein Prozent – des gegenwärtigen Aktienkurses geteilt wird.
Je stärker ein Papier bei Investoren gefragt ist, desto höher ist sein Preis – und desto tiefer seine Dividendenrendite. Umgekehrt fällt bei Aktien, die von Investoren abgestoßen werden, der Preis, während spiegelbildlich die Dividendenrendite steigt.
Zweitens fehlt Konzernen der an die Aktionäre ausgeschüttete Ertrag für Investments in neue, effektivere Maschinen oder in die Entwicklung neuer Produkte. Konzerne, die ihr Wachstum aus dem Gewinn – und nicht aus Schulden – finanzieren, schütten deshalb meist nur 25 bis maximal 50 Prozent des Nachsteuer-Ertrags als Dividende aus.
Nicht die Höhe der Dividenden entscheidend
Drittens schaffen es Unternehmen, die auf solch Weise wachsen, ihren Gewinn und damit auch ihre Dividende von Jahr zu Jahr zu erhöhen. Eine Aktie, die jetzt 100 Euro kostet und in diesem Jahr zwei Euro ausgeschüttet hat, hat damit aktuell zwar nur eine Dividendenrendite von zwei Prozent.
Steigert das Unternehmen jedoch Gewinn und Ausschüttung bis 2030 pro Jahr um fünf Prozent, würde die Dividende in zehn Jahren 3,26 Euro betragen. Steigt der Aktienkurs parallel dazu im selben Umfang, würde das Papier bei 162,89 Euro notieren. Der Gesamtgewinn aus Kurszuwächsen und jährlichen Dividendenzahlungen von insgesamt 26,40 Euro würde sich auf 89,29 Prozent addieren.
Fazit: Entscheidend ist nicht die Höhe der Dividenden, sondern ihr Steigerungspotenzial.
Richard Haimann ist freier Wirtschaftsjournalist in Hamburg. Er schreibt über Finanzthemen für in- und ausländische Publikationen.