Medizinstudentin Solveig Mosthaf

"Doktorarbeiten - oft eine Farce"

Solveig Mosthaf will Ärztin werden und gerne den Doktortitel mit Stolz führen. Doch die Medizinstudentin findet: Doktorarbeiten werden in Deutschland "fast schon inflationär" geschrieben. Warum allzu oft die motivierte Idee zur Farce verkommt, erläutert sie in ihrem Gastbeitrag für die "Ärzte Zeitung".

Von Solveig Mosthaf Veröffentlicht:

Solveig Mosthaf

'Doktorarbeiten - oft eine Farce'

© Konstantin Güldner

Solveig Mosthaf ist 24 Jahre alt und im 10. Studien-/8. Fachsemester in Freiburg.

Zurzeit ist sie an Kinderheilkunde, Frauenheilkunde oder Allgemeinmedizin interessiert. Sie fühlt sich in der sprechenden Medizin wohler als z.B. in der reinen Chirurgie.

Außerdem ist sie aktiv in der Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland e.V. (bvmd).

FREIBURG. "Du studierst Medizin? Dann machst du doch bestimmt eine Doktorarbeit" - typischer Smalltalk auf der WG-Party. "Aber eure Doktorarbeit ist ja keine richtige Doktorarbeit, oder?" Punkt. Wunder Punkt. Das kommt darauf an, erkläre ich dann.

Dass medizinische Doktorarbeiten fast schon inflationär geschrieben werden, dass es im Endeffekt nur um zwei Buchstaben vor dem Namen geht, dass die meisten Medizinstudierenden die Promotion während der Studienzeit machen, weil nach dem Studium die Zeit fehlt, wird der Wissenschaft nicht gerecht.

Dass sich die einzelnen Arbeiten untereinander qualitativ und in Sachen Aufwendigkeit so sehr unterscheiden, dass manche dafür ihr Studium um ein Jahr verlängern, unbezahlt Zehn-Stunden-Tage im Labor verbringen und am Ende doch nur den gleichen Titel bekommen, wie diejenigen, die ein paar schon vorhandene Zahlen einfach nur statistisch auswerten, wird den Promovierenden nicht gerecht.

Dass die Benotung der geleisteten Arbeit von Uni zu Uni unterschiedlich ist und zum Beispiel beim Kriterium Erstautorenschaft von der Kulanz der Betreuenden abhängt, wird dem Arbeitsaufwand nicht gerecht.

Ein Jahr ist zu wenig Zeit, um valide Ergebnisse zu erzielen

Ich wollte damals die Grundlagenforschung kennenlernen, wollte wissen, wie Ergebnisse generiert werden, woher die Erkenntnisse kommen, die mir später als Ärztin Basis für mein (Be-)Handeln sein werden.

Doch in einem Jahr kann man nicht nachhaltig forschen, eigene Ideen entwickeln und ausreichend umsetzen. Ein Jahr ist zu wenig Zeit, um valide und signifikante Ergebnisse zu erzielen.

Somit werden die meisten medizinischen Doktorarbeiten zu einer Farce: Aus guter Intention heraus begonnen wird geschuftet und am Ende etwas daraus zusammengebastelt, das möglichst gut aussieht. Am Ende steht ein "Dr." - Ziel erreicht.

Doch befriedigend ist das nicht. Und so gebe ich meinem Gesprächspartner auf der WG-Party gegenüber zu, dass man medizinische Doktorarbeiten nur sehr schwer beurteilen kann und dass es dabei viel unnötige Forschung nur um der Forschung willen gibt, ohne inhaltliche Ergebnisorientierung.

Wünsche mir Vergleichbarkeit

Junge Ärzte in Fokus

Mit einer Themen-Seite will die "Ärzte Zeitung" vermehrt junge Ärzte in Studium und Weiterbildung in den Blick nehmen.

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Eine gute Lösung zu finden ist schwierig. Ich wünsche mir vor allem Vergleichbarkeit, eine faire Bewertung und eine Sicherung der wissenschaftlichen Qualität.

Dann würde der Titel nicht nur besser anerkannt, sondern man könnte ihn guten Gewissens, sogar mit Stolz führen.

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Kommentare
Stefan Graf 30.06.201607:38 Uhr

keine Vegleichbarkeit

Sicher ist eine Mediziner-Doktorarbeit bezüglich Umfang und Aufwand in keiner Weise mit einer experimentellen Dissertation in den reinen naturwissenschaftlichen Fächern wie Chemie, Physik, Biologie vergleichbar. Aber das Medizinstudium ist ein so aufwendiges und mit dermaßen vielen Inhalten gefülltes Studium, dass eine mindestens dreijährige wissenschaftliche Forschungsarbeit kaum möglich ist. Insofern ist ein "Dr. med." nicht mit einem "Dr. rer. nat." vergleichbar. Dafür muss man Verständnis aufbringen. Merkwürdig ist nur, dass in der Allgemeinbevölkerung Ärzte/Ärztinnen prinzipiell als Doktoren/Doktorinnen angesehen und auch so angesprochen werden. Andere mit viel Arbeit und Entbehrungen erworbene Doktortitel erfahren nicht annähernd die gleiche Anerkennung wie ein "Dr. med." oder ein ärztlicher "Doktor ohne Doktortitel" - kürzlich vernommener O-Ton: "Doktoren sind für mich nur Ärzte".
Als Naturwissenschaftler mit ehrlich erarbeitetem Dr.rer.nat.-Titel, der diesen auch voller Stolz führt (anderes halte ich für Koketterie), kann ich sehr gut mit dem hohen Renommee des "Dr. med." leben. Mögen ärztlichen Doktorabreiten nicht mit naturwissenschaftlichen vergleichbar sein - die Anforderungen im Medizinstudium und späteren Beruf sind es ganz bestimmt.
Dr. rer. nat. Stefan Graf - Berlin

Christian Knaup 30.06.201607:04 Uhr

Bescheidenheit

... ich führe einen Doktortitel und habe 3 Facharztprüfungen (nicht fakultative Weiterbildungen und Zusatzbezeichnungen sind gemeint) abgelegt. Daneben führe ich auch noch mehrere Zusatzbezeichnungen.
UND DOCH bin ich in erste Linie ein ordentlicher Arzt! STOLZ ist da fehl am Platze und auch nicht mein Bild.
Sehr geehrte Frau Mosthaf, fangen Sie einmal mit einer besonders guten Doktorarbeit an, sind dann aber NICHT STOLZ darauf, sondern widmen sich in BESCHEIDENHEID Ihrer ärztlichen Entwicklung und Haltung.

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