Junge Internisten
Dringende Reform der Weiterbildung nötig
Die Facharztweiterbildung ist nicht mehr als ein Abfallprodukt der täglichen Arbeit, monieren junge Internisten auf dem DGIM-Kongress. Es fehlt ihnen vor allem eine feste Struktur.
Veröffentlicht:MANNHEIM. "Ich finde keinen jungen Internisten mehr mit übergreifenden Kenntnissen." - Diese Feststellung eines Mediziners, der eine Großpraxis mit zehn Angestellten betreibt, wurde bei der diesjährigen "Chances" - dem Forum für junge Mediziner der DGIM - nicht etwa von den Jungen Internisten im Verband revidiert.
Die Nachwuchsmediziner monierten vielmehr selbst, dass die Weiterbildung vielfach nur noch ein Nebenprodukt der täglichen Arbeit in der Klinik ist.
"Die Gespräche mit den Weiterbildungsassistenten, die aufdecken sollen, wie die Weiterbildung tatsächlich läuft, werden von den Vorgesetzten eher als bürokratische Belastung empfunden", sagte der Sprecher der Jungen Internisten der DGIM, Dr. Alexis Michael Müller-Marbach. Meist fänden sie daher nur zwischen Tür und Angel statt.
Eine Erfahrung, die die rund 30 anwesenden Weiterbildungsassistenten im Auditorium kennen. Eine kleine Blitzumfrage während der Veranstaltung am Samstagvormittag zeigte: Die Gespräche finden bei rund einem Fünftel gar nicht statt, beim Rest irgendwie.
Ganz Ähnliches hat die Umfrage unter 1696 Weiterbildungsassistenten ergeben, die die jungen Ärzte aus DGIM und dem Berufsverband der Internisten gemeinsam Ende 2014 aufgelegt haben: Hier gab es bei 23 Prozent keine Gespräche, bei 45 Prozent fanden diese nur unregelmäßig statt.
Fehlende Struktur bemängelt
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Doch die jungen Internisten brachten noch mehr Kritikpunkte vor: Überwiegend fehle es an einer Struktur der Weiterbildung, sagte Dr. Matthias Raspe, stellv. Sprecher der Jungen Internisten der DGIM.
Zudem würden die Inhalte weder in der vorgesehenen Zeit, noch in der geforderten Breite erlernt. Auch hier machte Raspe den Test mit den anwesenden Assistenten: "Konnten Sie mit dem Beginn Ihrer Weiterbildung absehen, wann und in welchen Fächern Sie rotieren?"
Die Mehrheit des Auditoriums musste dies verneinen. In der großen Umfrage von DGIM und BDI verneinten dies 83 Prozent. "Ich kenne es selbst aus der Klinik, dass man ein oder zwei Tage vorher angerufen wird und dann heißt es, jetzt geht's los", berichtete Raspe.
Er fordert daher mehr Kontrollen, etwa durch Evaluationen, die dann aber auch die Weiterbildungsassistenten einschließen und deren Ergebnisse öffentlich gemacht werden. Raspe: "Wir haben eigentlich als Weiterbildungsassistent keinen richtigen Einfluss." Denn die Gespräche fänden oft erst dann statt, wenn es die Unterschrift für den Ausbildungsabschnitt gebe.
Es braucht laut Raspe aber auch mehr Zeit für die Weiterbildung. Hier müssten für die jungen Ärzte durch Delegation an das medizinische Fachpersonal mehr Freiräume geschaffen werden.
Dringend aufgenommen in die Weiterbildungsordnung gehört nach Meinung der jungen Internisten im Verband zudem die Anerkennung von Forschungszeiten. Die Forschung sei zu komplex geworden, um sie abends in zwei Stunden zu managen.
Müller-Marbach: "Wir haben hierzu ein eigenes Positionspapier mit den jungen Ärzten im BDI auf den Weg gebracht."
Teilzeit-Weiterbildung wichtig
Viele der geforderten Punkte sieht die Novelle der Weiterbildungsordnung (WBO), an der die Bundesärztekammer (BÄK) schraubt, auch vor, wie Dr. Annette Güntert vom Dezernat Ärztliche Aus- und Weiterbildung der BÄK deutlich machte. So soll es künftig tatsächlich strukturierte Weiterbildungspläne geben.
Zusätzlich sollen für die immer mehr Frauen, aber auch Männer, die sich während der Weiterbildung um ihre Familie kümmern, familienfreundlichere Arbeitszeitmodelle geschaffen werden. "Eine Teilzeit-Weiterbildung ist wichtig", so Güntert.
Außerdem sind mehr berufsbegleitende Ansätze wie Fallseminare und Hospitationen vorgesehen. Und auch die Nachqualifizierung ohne Unterbrechung der beruflichen Biographie soll möglich werden.
"Der Weiterbildungsplan ist jedoch nur eine Soll-Vorstellung", erklärte Güntert. Gleichzeitig werde der Assistent künftig selbst - elektronisch - ein individuelles Logbuch führen, das widerspiegelt, wo er tatsächlich steht. Formal wird die neue WBO aber erst 2017 kommen.
Das Thema Forschungszeiten will die BÄK ebenfalls angehen: Es soll laut Güntert durchaus möglich sein, sich zwölf Monate Forschungszeit anrechnen zu lassen, wenn alle Inhalte der WBO auch erlernt wurden. Formal wird die neue WBO aber erst 2017 kommen.
"Wir haben immer ein Schriftstück, an das wir uns klammern", sagte Güntert, die für pragmatische Lösungen ist. "Alles, was die Realität erfordert, können wir auch schon jetzt umsetzen."
Die Generation Y sei zudem in der Position, Forderungen zu stellen. "Sie haben den großen Vorteil, dass Sie Mangelware sind", ermunterte Güntert.
MB: Umdenken dauert
Einen Dämpfer versetzte hingegen Rudolf Henke, Vorstandsvorsitzender des Marburger Bund Bundesverbands, den Hoffnungen der jungen Internisten.
Das Umdenken und die neue Strukturierung der WBO erreiche man nicht in zwei, drei Jahren. Wenn man Kontinuität schaffen wolle, müsse das über zwei Generationen, also rund zehn Jahre laufen.
Ein Problem gibt es in der Tat: Die Muster-WBO der Bundesärztekammer müssen die einzelnen Landesärztekammern erst wieder in ihre eigenen Satzungen übernehmen.
Schwierigkeiten könnte dabei vor allem die Anerkennung von Forschungszeiten bereiten. Denn bisher gibt es in kaum einer Kammer einheitliche Kriterien für die Anerkennung.
Doch hier sagte Güntert ganz klar: "Machen Sie das zum Thema auf dem Ärztetag."