Apotheker-Wirtschaftsforum

E-Rezept – die heilige Kuh der deutschen Apotheker

Die freie Apothekenwahl ist für den Deutschen Apothekenverband eine Grundfeste – auch in Zeiten von Digital Health.

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POTSDAM. Die Apotheker sind nach Ansicht von Dr. Hans-Peter Hubmann, stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Apothekerverbandes (DAV) gut beraten, die Herausforderung eines digitalisierten Gesundheitswesens anzunehmen. Ohnehin sei Digitalisierung schon längst in den Apotheken angekommen, wie Hubmann vergangene Woche in Potsdam beim diesjährigen DAV-Wirtschaftsforum in Potsdam betonte.

In puncto Digitalisierung müsse man sich jedoch immer fragen, was sinnvoll sei. "Nicht das Digitale darf Apotheker, Ärzte und Patienten beherrschen, sondern die digitale Technik ist ein Werkzeug für uns.", so Hubmann. Dieses Werkzeug sollten Heilberufler zum Wohle ihrer Patienten einsetzen.

"Irgendwie gaga"

Beim Thema E-Rezept zitierte er Jens Spahn mit den Worten "Alles, was Papier ist, ist ja irgendwie gaga". Allerdings seien gerade in diesem Punkt noch viele Fragen offen. Zwar stünden die Apotheker dem elektronischen Rezept heute offener als früher gegenüber.

Jedoch müssten die Rahmenbedingungen stimmen, etwa das Beibehalten der freien Apothekenwahl, die Sicherheit der Daten und die Möglichkeit, dass die Patienten die Verfügungsgewalt über ihre Rezepte behielten. Absolut gewährleistet sein müsste, dass das elektronische Rezept nicht auf Knopfdruck in eine bevorzugte Apotheke übertragen werde. Ebenfalls dürfe kein Handel damit getrieben werden können. "Dann können wir uns ohne Weiteres vorstellen, beim E-Rezept mitzumachen", betonte Hubmann.

Die Einbindung der Apotheker in die Telematikinfrastruktur (TI) berge die große Chance des besseren Austausches zwischen Apotheker und Arzt, als es heute der Fall sei – immer zum Wohle des Patienten. "Der Deutsche Apothekerverband und die Apotheker stehen mit den Ärzten zusammen zum Gedanken der TI". Sie biete die Sicherheit, die bei den äußerst sensiblen Gesundheitsdaten von allergrößter Wichtigkeit sei.

Hubmanns Anspruch: Die Digitalisierung müsse allen Beteiligten im Gesundheitswesen nutzen. (jup)

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Kommentare
Dr. Klaus Günterberg 01.05.201811:45 Uhr

Ein eRezept würde die Arzneimittel-Sicherheit nicht verbessern sondern verschlechtern. Und Behinderte benachteiligen

Von außen sieht das gut aus: kein Medienbruch, kein Papier. Aus der Sicht der Betroffenen aber sieht ein eRezept ganz anders aus:

eGK, eRezept und ePA sind eine für etliche Personengruppen (Seh- und Leseschwache, motorisch Gestörte, anderweitig schwer Erkrankte, Alte und Behinderte) eine schwer zu beherrschende bzw. völlig unpraktikable Technik. Diese Menschen stellen aber einen beachtlichen und gleichberechtigten Anteil unserer Bevölkerung dar; ihre Lebensbedingungen sind zu verbessern, dürfen keinesfalls verschlechtert werden.

Zitat: Grundgesetz, Artikel 3, Abs. 3, Satz 2: „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“

Diese Menschen sind auf Grund ihrer Behinderungen aber auch schon heute daran gehindert, die Folgen von eGK, eRezept und ePA, die absehbaren Änderungen ihrer Lebensbedingungen, die für sie entstehenden Barrieren und die Einschränkungen ihrer Rechte zu erkennen; sie sind auch außerstande, ihre berechtigten und schutzwürdigen Interessen selbst zu artikulieren. Ärzte vertreten aber auch und vor allem die Interessen ihrer Schutzbefohlenen; deshalb ist es angebracht, hier auch auf eine durch PIN, eRezept und ePA zu erwartende Benachteiligung Behinderter hinzuweisen; eine solche wäre grundgesetzwidrig.

Kein Mensch kann über Jahre und Jahrzehnte fehlerfrei arbeiten. Auch Ärzte machen Fehler, auch beim computergestützten Ausfüllen oder Unterschreiben eines Rezepts, Fehler, die aber zum Glück nicht immer zu Schäden führen. Mitunter ist es „nur“ das gleiche Medikament vom anderen Hersteller, mitunter ist es ein nicht mehr verfügbares Mittel, mitunter ist es „nur“ die nicht mehr aktuelle Dosierung, mitunter fehlt bei der gleichzeitigen Verordnung vieler Medikamente ein Medikament, mitunter hat sich ein Schreibfehler eingeschlichen und das ähnlich lautende Medikament hat eine völlig andere Wirkung: Da ist bisher der Blick des Patienten auf das Rezept eine selbstverständliche, eine wichtige und sehr nützliche Kontrolle. Ein eRezept ließe sich vom Patienten nicht mehr kontrollieren: Die Arzneimittelsicherheit wäre nicht verbessert sondern verschlechtert.

Ärzte und Patientenverbände haben wiederholt auf diese Nachteile eines eRezepts für die Arbeitsabläufen der Praxen, auf sinkende Arzneimittelsicherheit und auf Probleme in der Handhabung durch Schwerkranke hingewiesen. Die massiven Kritiken am eRezept waren wohl der Grund dafür, dass diese Anwendung in der gegenwärtigen Planung des Telematik-Projekts nicht mehr enthalten ist.

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