Fachkräftemangel: Unternehmen vergeben Chancen
Die Arbeitslosigkeit ist niedrig, Unternehmen buhlen um Fachkräfte: eine ideale Situation für Jobsuchende. Doch wissen Arbeitgeber, was Beschäftigten wichtig ist?
Veröffentlicht:FRANKFURT/MAIN. Viele Unternehmen suchen händeringend nach qualifizierten Mitarbeitern. Einige vergeben dabei Chancen. Die Sicherheit des Jobs, das Gehalt und ein gutes Arbeitsklima sind für Beschäftigte in Deutschland Studien zufolge wichtige Kriterien bei der Auswahl des Arbeitgebers. Ganz oben auf der Wunschliste steht nach einer Umfrage des Beratungsunternehmens Towers Watson die Sicherheit des Arbeitsplatzes.
Doch viele Unternehmen erkennen nicht, welche Chancen sich daraus für sie ergeben, sagt Heike Ballhausen von Towers Watson: "Sie werben nicht mit der Sicherheit des Arbeitsplatzes." Im Gegenteil: Viele lehnten dies sogar ab, mit dem Argument: "So locken wir die falschen an."
In 80 Prozent aller Branchen mehr Stellenangebote
Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) war die Nachfrage nach Arbeitskräften im Oktober fast so hoch wie im Boomjahr 2012. In 80 Prozent aller Branchen gibt es mehr Stellenangebote als noch vor einem Jahr.
Zwar wechseln der BA zufolge Beschäftigte derzeit häufiger als in Krisenzeiten ihre Stelle. Doch im internationalen Vergleich sind Arbeitnehmer in Deutschland überdurchschnittlich treu. Towers Watson zufolge wollen 17 Prozent innerhalb der nächsten zwei Jahre den Arbeitgeber wechseln.
Weltweit sind es dagegen 26 Prozent, in Großbritannien sogar 32 Prozent. Für die Studie wurden 32.000 Beschäftigte aus 26 Ländern befragt, darunter 1000 aus Deutschland.Ballhausen sieht mehrere Gründe für die vergleichsweise geringe Veränderungsbereitschaft. "Die Vergütung steigt hierzulande oft proportional zur Erfahrung und Betriebszugehörigkeit. Dadurch sinkt mit den Jahren die Bereitschaft, das Unternehmen zu verlassen."
Sicherheit wird immer wichtiger
Ein weiterer Punkt, der weltweit zu beobachten sei: "Die Sicherheit des Arbeitsplatzes wird als Gegentrend zu wachsenden Anforderungen an die Flexibilität der Beschäftigten immer wichtiger."
Mitarbeiter, die auf dem Absprung sind, lassen sich - wenn überhaupt - vor allem mit Gehaltserhöhungen und guten Karriereperspektiven halten, zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Universitäten Bamberg und Frankfurt.
Für mehr als drei Viertel der Befragten (76,2 Prozent) sind demnach Gehaltserhöhungen ein überzeugender Grund, ein neues Angebot abzulehnen. Auf dem zweiten Platz rangieren Karrieremöglichkeiten. Mehr als 10.000 Beschäftigte und Jobsuchende in Deutschland wurden für die Untersuchung "Bewerbungspraxis 2014" befragt.
Doch bei dem Gehalt zeigen sich die meisten Unternehmen wenig flexibel. Sie sind eher bereit, bei der Qualifikation ihrer Angestellten Abstriche zu machen, als bei der Bezahlung Kompromisse einzugehen, so das Ergebnis des IAB-Betriebspanels 2013 mit 16.000 befragten Betrieben.
Danach machen etwa die Hälfte Kompromisse bei der Qualifikation, aber nur 21 Prozent bei der Bezahlung und 12 Prozent bei der Arbeitszeit. "Viele Unternehmen argumentieren, dass die Bezahlung in die betriebliche Lohnpyramide passen muss", sagt Lutz Bellmann, Leiter des Betriebspanels beim Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit. (dpa)