Rhön-Kliniken

Fernbehandlung steht in den Startlöchern

Der private Klinikbetreiber Rhön versteht sich als Trendsetter in Sachen Versorgungs-Integration und Digitalisierung. Von schnellen Klinik-Übernahmen hält man nichts mehr.

Christoph WinnatVon Christoph Winnat Veröffentlicht:
Kliniken und Arztpraxen an einem Ort: Rhön-Campus in Bad Neustadt. Rhön

Kliniken und Arztpraxen an einem Ort: Rhön-Campus in Bad Neustadt. Rhön

© Rhön

FRANKFURT/BAD NEUSTADT. Der Klinikkonzern Rhön will seinen Einstieg in das Geschäft mit ärztlichen Fernkontakten in der zweiten Jahreshälfte starten. Das kündigte bei einem Pressegespräch in Frankfurt Konzernchef Stephan Holzinger an.

Ursprünglich wollte Rhön bereits bis zum Sommer loslegen. Die Verhandlungen mit dem Schweizer Joint-Venture-Partner Medgate seien auch weit gediehen.

Jedoch müsse das geplante Fernbehandlungsangebot nun noch mit den gesetzgeberischen Zielen abgeglichen werden, die kürzlich der Bundesgesundheitsminister mit dem Entwurf des „Digitale-Versorgung“-Gesetzes vorgestellt hat.

Kooperation mit Fachärzten und anderen Kliniken angedacht

Bei der Rhön-Hauptversammlung am Mittwoch in Bad Neustadt berichtete Holzinger von Erfahrungen aus dem Ausland, wonach sich „rund ein Drittel der Patienten gar nicht erst auf den Weg zur ambulanten Behandlung begeben, wenn sie mit einem digitalen Arztbesuch verlässlich bedient werden können“.

Um eine bundesweite Versorgungspräsenz zu gewährleisten und Patienten nach telemedizinischem Erstkontakt bei Bedarf schnell eine persönliche Begutachtung zuteilwerden zu lassen, wolle man aber auch mit niedergelassenen Fachärzten und anderen Kliniken kooperieren.

Rhön werde seine Fernsprechstunde „aus regulatorischen Gründen“ zunächst nur Privatpatienten anbieten, so der Konzernchef weiter. Anders als in der GKV werde Telemedizin in der PKV schon angemessen vergütet.

In absehbarer Zeit sollten jedoch auch gesetzlich Versicherte problemlos Telemed-Angebote wahrnehmen können. „Die Politik wird sich hier bewegen, da ansonsten der Druck der Patienten aufgrund einer vermeintlichen Zweiklassenmedizin zunehmen wird“.

Holzinger bekräftigte den strategischen Stellenwert des Telemed-Angebots, das man keineswegs nur als Ergänzung seiner regionalen Versorgungscluster („Campus-Konzept“) ansehe, sondern als  „eigenständiges Geschäftsfeld“ etablieren wolle, „mit dem wir uns unabhängiger vom stationären Geschäft machen “.

Zunehmende "Ambulantisierung der Medizin"

Gleichwohl sieht Holzinger das Bettengeschäft fünf Jahre nach dem Verkauf etlicher kleinerer und mittlerer Häuser an Fresenius und danach der Konzentration auf maximalversorgungsnahe Hochleistungsmedizin gut aufgestellt.

Bei zunehmender „Ambulantisierung der Medizin“ sowie stetig steigenden Qualitäts-Anforderungen (Stichworte: Op-Mindestmengen, Personaluntergrenzen) führten im Klinikmarkt „nur noch schwere Fälle an die Spitze der Nahrungskette“.

Von dem einstigen Geschäftsmodell, marode Kliniken aufzukaufen und zu sanieren, habe sich Rhön endgültig verabschiedet.

Allerdings wolle man das integrative Campus-Konzept – exemplarisch am Konzernsitz Bad Neustadt umgesetzt, wo sich inzwischen 30 niedergelassene Ärzte in unmittelbarer Kliniknachbarschaft eingemietet hätten – „auch an anderen Stellen der Republik realisieren“.

Interessante Standorte habe man schon identifiziert. Trotzdem dauere es seine Zeit, da viele kommunale Träger auch wider die ökonomische Vernunft an ihren Häusern festhielten.

Holzinger: „Machen wir uns nichts vor: Das sind sehr dicke Bretter, die es angesichts der ausgeprägten Besitzstandswahrung im deutschen Gesundheitswesen zu bohren gilt“.

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