Kapitalanlage zu Corona-Zeiten
Geldregen für Aktionäre auch zu Corona-Zeiten? Auch das geht!
Viele Konzern haben wegen der Corona-Krise Ausschüttungen an Aktionäre gekürzt oder gestoppt. Experten raten dennoch, weiterhin auf dividendenstarke Aktien zu setzen – insbesondere auf solche, die seit mindestens 25 Jahren ihre Ausschüttungen stetig gesteigert haben.
Veröffentlicht:Neu-Isenburg. Für die Aktionäre der Optikerkette Fielmann gibt es dieses Jahr keinen Geldregen: „Aufgrund der durch die Covid-19-Pandemie zu erwartenden negativen Auswirkungen auf Absatz, Umsatz und Gewinn“, teilen Vorstand und Aufsichtsrat bereits Ende März mit, hätten beide Gremien beschlossen, der Hauptversammlung „die Aussetzung der Dividendenzahlung“ vorzuschlagen. Zum selben Entschluss ist der Shoppingcenter-Betreiber Deutsche Euroshop gekommen – und ebenso zahlreiche andere Vorstände weiterer börsennotierter Unternehmen.
Globaler Wirtschaftsstillstand
Seit die Leitzinsen von der Europäischen Zentralbank auf null Prozent gesenkt wurden, werfen Sparbücher, Tages- und Festgeldanlagen kaum noch Zinsen ab. Deshalb sind Aktien von Unternehmen, die aus ihrem Gewinn attraktive Dividenden an ihre Aktionäre ausschütten, zu begehrten Investments langfristig orientierter Anleger geworden. In diesem Jahr allerdings werden viele private Investoren auf die lieb gewonnenen Dividenden verzichten müssen. Denn durch den zur Bekämpfung der Corona-Pandemie vorübergehend verordneten Lockdown in vielen Ländern ist im Frühjahr der Verkauf zahlreicher Waren zum Erliegen gekommen.
„Einen synchronisierten globalen Wirtschaftsstillstand wie in der aktuellen Coronakrise hat es nie zuvor gegeben“, sagt Arne Sand, Geschäftsführer der Vermögensverwaltung Sand und Schott in Stuttgart. Zwar stammen die in diesem Sommer zur Auszahlung anstehenden Dividenden aus dem Gewinn des Vorjahres.
Doch wegen der starken Umsatzrückgänge seit Beginn der Pandemie müssten so viele Unternehmen wie nie zuvor auf staatliche Unterstützung durch Kurzarbeitergeld, Darlehen und Zuschüsse zurückgreifen. „Da es nur schwer vertretbar ist, den Steuerzahler zu belasten und gleichzeitig die Anteilseigner mit einer Dividende zu beglücken, wurde für unterstützte Firmen in einigen Ländern bereits ein Dividendenverbot erlassen und in anderen wird dies diskutiert“, sagt Sand.
Nach einer Studie der DZ-Bank in Frankfurt haben bereits 141 der 600 Unternehmen im europäischen Aktienindex Stoxx 600 angekündigt, ihre für diesen Sommer geplante Gewinnausschüttung vorübergehend auszusetzen oder zu streichen. Es sei zu erwarten, dass „die Dividenden mindestens so stark fallen wie in der Finanzkrise“, sagt DZ-Bank-Analyst Michael Bissinger.
Bislang war die Dividendenrendite für viele Anleger ein wesentlicher Faktor bei der Auswahl einer Aktie. Die Kennziffer zeigt, wie hoch die jährliche Gewinnausschüttung an die Aktionäre in Relation zum Kaufpreis der Aktie ist. Kostet eine Aktie 100 Euro und die Gesellschaft zahlt pro Jahr und Aktie vier Euro, so beträgt ihre Dividendenrendite vier Prozent.
Auch wenn zahlreiche Unternehmen in diesem Jahr ihre Ausschüttungen kappen, müssten auf Dividendenrenditen fokussierte Anleger nicht ihre Strategie umstellen, sagt Titus Schlösser, Geschäftsführer der Kölner Vermögensverwaltung Portfolio Concept. „Der Erfolg an der Börse kommt über einen langfristigen Anlagehorizont.“ Sobald sich die Konjunktur erhole, dürften die Unternehmen ihre Dividenden wieder aufnehmen. Dieser Ansicht ist auch Adrian Roestel, Anlagestratege bei der Münchner Vermögensverwaltung Huber, Reuss & Kollegen. „Fast alle Unternehmen, die nun die Gewinnausschüttungen gekürzt oder gestrichen haben, dürften 2021 zu ihrer ursprünglichen Dividendenpolitik zurückkehren.“
Dividendenaktien bleiben attraktiv
Seit der Lockdown in immer mehr Ländern aufgehoben wird, sind die Kurse zahlreicher Aktien wieder gestiegen, liegen aber immer noch deutlich unter dem Niveau von vor Ausbruch der Corona-Krise. Anleger könnten dies nutzen, um nun ihr Depot mit langfristig aussichtsreichen Dividendenaktien aufzustocken, sagt Dyrk Vieten, geschäftsführender Gesellschafter der Düsseldorfer Ficon Vermögensmanagement. „Es bieten sich Chancen, sehr stabile Werte zu günstigen Preisen zu erwerben.“
Lothar Koch, Anlagestratege beim Düsseldorfer Vermögensverwalter GSAM + Spee, rät dabei, auf „Dividenden-Aristokraten“ zu setzen. „Sie werden wahrscheinlich besser durch die Rezession kommen, als viele andere Titel.“ Als Dividenden-Aristokraten bezeichnen Börsianer Unternehmen, die seit mindestens 25 Jahren durchgehend Ausschüttungen gezahlt und dabei stetig erhöht haben. Aktuell erfüllen weltweit 114 Konzerne diese Definition. Darunter sind vor allem Hersteller von Gütern des täglichen Bedarfs wie dem Desinfektionsmittelproduzenten Clorox und dem Zahnpflege- und Reinigungsmittelanbieter Colgate-Palmolive, aber auch die US-Supermarktketten Target und Walmart. Bislang hat übrigens keiner der 114 Aristokraten angekündigt, die Dividende auszusetzen oder zu kürzen…