Generikariese Teva stärkt sein Markengeschäft
Nach der ratiopharm-Übernahme rüstet sich der Generika-Hersteller Teva zum nächsten Kauf: Diesmal ist es das Unternehmen Cephalon. Teva interessiert sich vor allem für dessen patentgeschützte Arzneimittel.
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Der Teva-Konzern verbuchte im vergangenen Jahr einen Umsatz von 16,1 Milliarden Dollar und einen Gewinn von 3,3 Milliarden Dollar.
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JERUSALEM/FRAZER. Der weltweit größte Generika-Hersteller, Teva Pharmaceutical Industries, kauft für 6,8 Milliarden US-Dollar (4,6 Milliarden Euro) oder 81,50 US-Dollar (55 Euro) je Aktie das amerikanische Pharmaunternehmen Cephalon Inc.
Darauf haben sich die beiden Unternehmen jetzt verständigt. Tevas Angebot entspricht einem Aufschlag von 6 Prozent auf den Schlusskurs der Cephalon-Aktie vom 29. April. Die Transaktion soll im dritten Quartal 2011 abgeschlossen werden.
Der Konkurrent Valeant kommt nicht zum Zuge
Damit kommt das kanadische Pharmaunternehmen Valeant Pharmaceuticals nicht zum Zuge. Valeant hatte 73 US-Dollar je Aktie geboten (insgesamt 5,7 Milliarden Dollar), was Cephalon als zu niedrig zurückwies.
Die Kanadier, die ihre feindlichen Übernahmepläne offensiv verfolgten und die Unternehmensleitung von Cephalon sogar auswechseln wollten, zogen ihr Angebot jetzt zurück und gratulierten Teva zu der Übernahme.
Teva Pharmaceutical
Branche: vor allem Generika
Sitz: Petach Tikva (Israel)
Geschäftszahlen 2010: Umsatz: 16,1 Mrd. US-Dollar (ca. 11,8 Milliarden Euro) Nettogewinn: 3,3 Mrd. USDollar (ca. 2,4 Milliarden Euro)
Mitarbeiter: 40.000
Wichtige Produkte: Copaxone® (Glatirameracetat)
Azilect® (Rasagilin) sowie mehr als 1450 generische Wirkstoffe.
Valeant-Chef J. Michael Pearson sagte, das Angebot von Teva sei eine gute Nachricht für die Aktionäre, zu denen mit über einer Million Aktien auch Valeant gehöre. Das Angebot von Teva spiegele den "sehr vollen Wert" von Cephalon wider. Valeant werde im Interesse seiner Aktionäre bei möglichen Übernahmen und Fusionen weiter diszipliniert vorgehen.
Mit der Akquisition, die Teil der langfristigen Konzernstrategie ist, will Teva sein Portfolio diversifizieren und sich Zugang zu neuen therapeutischen Segmenten erschließen. Das Portfolio an Markenprodukten, das zurzeit vom MS-Arzneimittel Copaxone® (Glatirameracetat) dominiert wird, vergrößert sich durch die Übernahme von 4,6 Milliarden Dollar auf sieben Milliarden Dollar Jahresumsatz.
Der Anteil von Copaxone® im Segment Markenprodukte wird sich von 70 Prozent auf 47 Prozent verringern; 19 Prozent werden auf Cephalons Provigil® (in Deutschland Vigil®, Wirkstoff Modafinil) und die Weiterentwicklung Nuvigil® (Amodafinil) entfallen. Modafinil wird bei exzessiver Schläfrigkeit, die mit Narkolepsie einhergeht, angewendet.
Eine Vereinbarung zwischen Teva und Cephalon, mit der beide Unternehmen 2005 Patentstreitigkeiten um den Wirkstoff beigelegt haben, ist gerade Gegenstand eines Kartellverfahrens der Europäischen Kommission gegen die Unternehmen.
In der jetzt obsoleten Vereinbarung hatte sich Teva u. a. verpflichtet, ein Modafinil-Generikum nicht vor Oktober 2012 in die Märkte des Europäischen Wirtschaftsraums einzuführen.
Die Unternehmen rechnen mit hohen Synergien
Die jährlichen Synergien aus der Transaktion werden auf mindestens 500 Millionen US-Dollar geschätzt. Der israelische Konzern will die Akquisition mit Hilfe von Barguthaben, Kreditlinien und über den öffentlichen Schuldenmarkt finanzieren.
Cephalon Inc.
Branche: Forschendes Pharmaunternehmen. Geschäftsfelder: Zentrales Nervensystem, Schmerzen, Onkologie, Generika, medizinische Grundversorgung
Sitz: Frazer (USA)
Geschäftszahlen 2010: Umsatz: 2,8 Mrd. US-Dollar (ca. 1,9 Mrd. Euro) Bereinigter Nettogewinn: 657 Mio. US-Dollar
Mitarbeiter: 4000 (31.12.2010)
Wichtige Produkte: Vigil® (Modafinil), Myocet® (liposomales Doxorubicin), Actiq® und Effentora® (Fentanyl)
Die 1987 gegründete Cephalon verkauft patentgeschützte Arzneimittel und Generika in vier Therapiebereichen (Zentrales Nervensystem, Schmerzen, Primärversorgung, Onkologie).
Für 2010 wird ein Umsatz von 2,8 Milliarden Dollar (+ 28 Prozent) ausgewiesen. Der bereinigte Gewinn stieg um 40 Prozent auf 657 Millionen Dollar. Cephalon befindet sich zu großen Teilen im Besitz von Finanzinvestoren. Anfang 2010 hat Cephalon von der Merckle-Gruppe den größten Schweizer Generikahersteller, Mepha, übernommen.
Teva, Eigentümer der ehemaligen Merckle-Tochter ratiopharm, sieht daher auch im Generikageschäft von Cephalon eine Ergänzung. Cephalon ist seit 1997 auch in Deutschland tätig. Die Cephalon GmbH in München beschäftigt derzeit etwa 100 der insgesamt weltweit 4000 Mitarbeiter.
Die deutsche Tochter verkauft außer Vigil® (Modafinil) u. a. die Krebsmittel Myocet® (liposomales Doxorubicin), Targretin® (Bexaroten) und Trisenox® (Arsentrioxid) sowie die Fentanyl-Analgetika Actiq® und Effentora®.
Der Teva-Konzern verbuchte im vergangenen Jahr einen Umsatz von 16,1 Milliarden Dollar (+ 16 Prozent) und einen Gewinn von 3,3 Milliarden Dollar (+ 67 Prozent). Das Deutschland-Geschäft hat Teva am Standort von ratiopharm in Ulm konzentriert.