Klinik-Hygiene

Gröhes Plan gegen Killer-Keime

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) nutzt die G 7-Präsidentschaft Deutschlands, um den Kampf gegen multiresistente Klinik-Keime auszuweiten. In einem Zehn-Punkte-Programm nennt er jetzt konkrete Schritte.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Saubere Hände? Desinfektion gilt als ein Beitrag des Klinikpersonals zur Hygiene auf den Stationen.

Saubere Hände? Desinfektion gilt als ein Beitrag des Klinikpersonals zur Hygiene auf den Stationen.

© Peter Atkins / Fotolia.com

BERLIN. Krankenhauskeime bringen Leid über Patienten und Angehörige. Rund eine halbe Million Menschen im Jahr infiziert sich in Deutschland mit den gegen die meisten Gegenstrategien immunen Erregern. Laut offiziellen Zahlen sterben bis zu 15.000 Patienten daran, laut inoffiziellen mehr.

Deutschlands Engagement in der internationalen Politik lässt das Thema auch national auf der Agenda nach oben klettern. Im Zuge der deutschen G-7-Präsidentschaft soll der Kampf gegen Antibiotika-Resistenzen ausgeweitet werden.

Darin will Deutschland in den kommenden fünf Jahren seine Partnerländer unterstützen.

Hierzulande will Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) die Aufmerksamkeit für den Kampf gegen die Killer-Keime mit einem Zehn-Punkte-Programm schärfen. Das noch nicht endgültig abgestimmte Papier liegt der "Ärzte Zeitung" vor.

Mehr Hygienebeauftragte

Die Pläne des Gesundheitsministeriums läuten de facto eine weitere Runde der Bund-Länder-Gespräche über eine Krankenhausreform ein.

Noch bis 2016 läuft ein 365 Millionen Euro schweres Förderprogramm des Bundes zum Aufbau einer ausreichenden Zahl von Hygienebeauftragten und in Hygiene geschultem Personal in den Kliniken. Dazu scheint noch Gesprächsbedarf zu bestehen.

"Mit den Ländern muss verabredet werden, durch welche Maßnahmen die Krankenhäuser den Erhalt und den Ausbau des Hygienepersonals sicherstellen", heißt es in dem Papier.

Das Hygieneförderprogramm sollte zudem in der Landeskrankenhausplanung berücksichtigt werden.

Krankenhäuser sollen zudem dazu verpflichtet werden, Risikopatienten vor der Aufnahme konsequenter auf die Erreger zu untersuchen. Dazu sind sie schon heute verpflichtet.

Nun rückt der Schritt für verbindliche Screenings von deutlich mehr Patienten in den Blick der Regierung.

Hier sollen allerdings noch Modellvorhaben abgewartet werden. Den Bundesländern bietet der Gesundheitsminister an, "dass das Robert Koch-Institut die regionalen Netzwerke aus Gesundheitsämtern, Ärzten und Krankenhäusern zur Bekämpfung der Antibiotika-Resistenzen unterstützt.

Die Krankenhäuser sollen in ihren Qualitätsberichten die Patienten in verständlicher Sprache über Hygienestandards informieren müssen.

Die Vertragsärzte werden von der geplanten Initiative nicht ausgespart. Für sie und ihr Personal soll ebenso wie für das Personal in Kliniken eine Fortbildung zum sachgemäßen Einsatz von Antibiotika verpflichtend werden.

Zustimmung von der BÄK

Der Vorstoß aus dem Gesundheitsministerium ist bei der Bundesärztekammer auf Zustimmung gestoßen. Die Regierung müsse allerdings nachlegen.

"Die Strukturen im Bereich der Krankenhaushygiene müsse durch den Ausbau von Lehrstühlen und Instituten so gefördert werden, dass ausreichend in Krankenhaushygiene qualifizierte Fachärzte für Hygiene und Umweltmedizin sowie für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie zur Verfügung stehen", sagte BÄK-Chef Professor Frank Ulrich Montgomery.

Alle Patienten, die nach den Vorgaben des Robert Koch-Instituts bei Aufnahme zu screenen seien, würden auch gescreent, betonte der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhaus-Gesellschaft Georg Baum am Montag.

Um die Screenings auch auf Patienten mit geplanten Krankenhausaufenthalten auszudehnen, müssten die Screeningmöglichkeiten der niedergelassenen Ärzte deutlich ausgeweitet werden, sagte Baum.

Noch weiter geht die SPD-Fraktion. Sie fordert in einem vor kurzem vorgelegten Positionspapier ein generelles Screening aller Patienten vor einer stationären Aufnahme.

Eine Ursache von Hygieneproblemen seien auch die oft an externe Anbieter ausgelagerten Reinigungsdienste, sagte die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Hilde Mattheis der "Ärzte Zeitung".

Außerdem: 83 Prozent der Antibiotika würden von niedergelassenen Ärzten verordnet. Schulungen sollten die Ärzte für die Gabe von Antibiotika sensibilisieren.

Fehlende Investitionsmittel?

Auf fehlende Investitionsmittel der Krankenhäuser hat der hessische Gesundheitsminister Stefan Grüttner verwiesen. Für Hygienemängel werden auch bauliche Mängel verantwortlich gemacht.

Beim Nationalen DRG-Forum am vergangenen Wochenende in Berlin verwies Grüttner laut Medienberichten darauf, dass der Bund sich in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe geweigert habe, sich mit Bundessteuern an der Klinikinvestitionsfinanzierung zu beteiligen.

Die Länder sind für die Investitionen in Bauten und Großgeräte zuständig. Die gesetzlichen Krankenkassen tragen die Betriebskosten der Krankenhäuser. Seit Einführung der DRG im Jahr 2003 sinkt der Anteil der Länder an den Investionskosten kontinuierlich.

Von den auf Seiten der Krankenhäuser veranschlagten sechs Milliarden Euro im Jahr sind 2013 nur 2,7 Milliarden geflossen.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Viel zu viele Tote

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