Herz-Notfall im Flugzeug
"Ist ein Arzt an Bord?" - so meistern Sie diese Situation

Die Zahl plötzlicher Herztodesfälle an Bord von Verkehrsflugzeugen wird weltweit auf etwa 1000 pro Jahr geschätzt.
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Der Flugverkehr nimmt ständig zu, die Passagierzahlen und das Durchschnittsalter der Passagiere steigen, und damit werden auch die medizinischen Notfälle an Bord häufiger.
Im Allgemeinen wird von 0,25 bis einem Notfall pro 10.000 beförderten Passagieren ausgegangen. Zu nahezu 90 Prozent sind die Zwischenfälle jedoch weitgehend harmlos. Vital bedrohliche kardiologische Notfälle sind insgesamt selten.
Frühzeitige Sauerstoffgabe
Während eines Flugs sind der Sauerstoffpartialdruck und die Sauerstoffsättigung reduziert. Es kommt zur "milden" hypobaren Hypoxie. Durch die Druckkabine wird ein ausreichendes Druckniveau zur Verfügung gestellt, sodass der Gesunde nicht beeinträchtigt wird.
Bei Passagieren mit Vorerkrankungen können jedoch mitunter Probleme auftreten. Hier kann die frühzeitige Sauerstoffgabe über eine Nasenbrille oder Maske erforderlich sein, so Dr. Andreas Gabel aus Karlsruhe in seiner CME-Fortbildungseinheit "Ist ein Arzt an Bord?"

Das Doctors Kit ist ein Notfallkoffer für den ärztlichen Gebrauch an Bord. Er ist modular aufgebaut. Für jede Maßnahme ist eine eigene Modultasche vorhanden: Diagnostik, Infusion, Beatmung, Intubation, Absaugung und Blasenkatheter.
© Deutsche Lufthansa AG, mit freundl. Genehmigung der MWV
Die Notfallausrüstung an Bord ist unter den verschiedenen Fluggesellschaften sehr uneinheitlich. Die Deutsche Lufthansa AG zum Beispiel verfügt über eine standardisierte dreistufige Ausrüstung: Das Cabin Attendant Medical Kit ist eine Art Hausapotheke für kleinere Unpässlichkeiten.
Das First Aid Kit stellt den "Verbandskasten" an Bord dar. Das Doctors Kit ist der eigentliche Notfallkoffer. Er ist verplombt und approbierten Ärzten vorbehalten.
Bei einem medizinischen Notfall darf der "Fliegersauerstoff" verwendet werden, der primär für die Versorgung der Crew bei einem unvorhergesehenen Druckabfall vorgesehen ist. Der Gasfluss der Flasche ist fest auf 4 l / min eingestellt. Fliegen Patienten mit, die voraussichtlich Sauerstoff benötigen, kann "additional oxygen" gebucht werden.
Automatische externe Defibrillatoren (AED) sind in Europa nicht immer an Bord, die Deutsche Lufthansa AG führt sie auf der gesamten Lang- und Kurzstreckenflotte (Ausnahme: Regionalpartner) mit. Eine Defibrillation an Bord ist allerdings nur selten nötig. Meist dient das Gerät zum Monitoring.
Arzt ist nur fachkundiger Berater
Bei einem Notfall muss rasch über die Notwendigkeit einer außerplanmäßigen Landung (Diversion) entschieden werden. Entscheidungsbefugt ist allein der Kommandant des Flugzeugs. Der Arzt ist in dieser Situation nur der fachkundige Berater. In weniger als drei Prozent der medizinischen Zwischenfälle ist eine Diversion nötig. Myokardinfarkt, Schlag- oder Krampfanfall sind die häufigsten Ursachen.
Primäre Maßnahme bei einer Tachykardie stellen zunächst die Basismaßnahmen sowie verschiedene pharmakologische Optionen dar. Eine R-Zacken getriggerte Kardioversion oder eine Defibrillation bei Kammerfrequenzen von < 180 Schlägen / min sind mit dem verfügbaren AED technisch nicht möglich.
Bradykarde Herzrhythmusstörungen werden häufig durch eine ausgeprägte vegetative Reaktion (Übelkeit, Vertigo, Angstzustand) ausgelöst. Hier ist eine symptomatische antiemetische oder anxiolytische Therapie mitunter ausreichend.
Bradykardien können auch auf eine organische Herzerkrankung hinweisen. Pharmakologisch stehen Atropin und Adrenalin zur Verfügung. Eine externe Schrittmacherfunktion hat der AED nicht. Bei Bewusstseinsverlust oder Asystolie erfolgt als Ultima Ratio die Herzdruckmassage.
Ärzte können sich bei der Deutschen Lufthansa AG als "doctor on board" mit einer speziellen Miles-&-More-Karte registrieren lassen. So können sie bei einem Notfall gezielt angesprochen werden. (otc)
Für Fachkreise: Zu dem Modul " Ist ein Arzt an Bord? "