Immobilienaktien
Jetzt ist es Zeit, Gewinne mitzunehmen
Immobilienaktien haben Anleger in den vergangenen Jahren mit hohen Kurssteigerungen belohnt. Jetzt sehen einige Analysten die Zeit gekommen, Gewinne zu realisieren. Denn die Börsenbewertungen der Papiere erscheinen inzwischen übertrieben.
Veröffentlicht:NEU-ISENBURG. Mit Aktien börsennotierter Immobiliengesellschaften sind Anleger seit 2009 hervorragend gefahren. Während die Notierungen der im deutschen Leitindex Dax gelisteten Unternehmen seit dem 2. Januar jenes Jahres im Schnitt um 141 Prozent zulegten, verzeichnete die Papiere der im Immobilienaktienindex DiMax gelisteten Gesellschaften im selben Zeitraum Kurszuwächse von durchschnittlich 186 Prozent.
Nun allerdings werde die Luft dünn für weitere Kursgewinne, meint Helmut Kurz, Analyst beim Bankhaus Ellwanger & Geiger. "Die Beschleunigung der Aufwärtsentwicklung trägt Züge einer Übertreibungsphase."
Seit Jahresbeginn sind die Notierungen zahlreicher Branchenwerte nochmals kräftig in die Höhe geschossen. Der Aktienkurs des Einkaufscenter-Betreibers Deutsche Euroshop beispielsweise legte allein seit Januar um 30 Prozent zu.
Kursgewinne sind längst eingepreist
Den Grund für die jüngsten Kursanstiege sehen Experten in den drastisch gesunkenen Zinsen für Immobiliendarlehen durch die Interventionen der Europäischen Zentralbank (EZB) an den Kapitalmärkten. "Die extrem niedrigen Zinsen ermöglichen es Immobilienunternehmen, ihre Kredite günstig zu refinanzieren und damit ihren Gewinn zu steigern", sagt Dieter Thomaschowski, Inhaber des Analysehauses Thomaschowski Research & Advisory.
Allerdings sei dieser Effekt durch die jüngsten Kursgewinne längst in den Aktiennotierungen eingepreist, meint Kurz. "Die gegenwärtige Bewertung vieler Branchentitel wäre nur gerechtfertigt, wenn die Zinsen mehrere Jahre auf extrem niedrigen Niveau verharren und gleichzeitig die Wirtschaft deutlich wächst."
Dass beide Faktoren zusammenfallen sei aber höchst unwahrscheinlich, da die EZB bei stärkerem Konjunkturwachstum die Zinsen wieder erhöhen werde.
Noch ein weiterer Aspekt spricht dafür, jetzt zumindest einen Teil der Gewinne einzustreichen: Immer mehr Immobiliengesellschaften drängen auf das Börsenparkett. Nachdem Anfang April bereits der Immobilienfondsanbieter Publity an die Börse gegangen ist, bereiten derzeit gleich drei große Branchenunternehmen ihr Listing vor.
Börsengang bis zu 350 Millionen Euro
Ado Properties, Bestandhalter von mehr als 9000 Wohn- und Gewerbeeinheiten in Berlin, wolle durch einen Börsengang bis zu 350 Millionen Euro für weiteres Wachstum einlösen, heißt es in Frankfurter Finanzkreisen.
Auch der Projektentwickler Aurelis Real Estate will mit seinem elf Millionen Quadratmeter messenden Gewerbeimmobilienportfolio an die Börse - und ebenso BGP Investment, die Wohnungen mit einem Marktwert von 1,1 Milliarden Euro in Berlin, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein halten.
Dass so viele Gesellschaften jetzt das Going Public anstreben, sei nicht überraschend, sagt Georg Kanders, Analyst beim Bankhaus Lampe. "Das Umfeld für Börsengänge von Immobiliengesellschaften ist derzeit sehr gut."
Immobilienaktien seien sehr begehrt bei institutionellen Investoren wie Pensionskassen und Versicherungen, sagt Günter Vornholz, Professor für Immobilienökonomie an der EBZ Business School in Bochum. "Die Branchenunternehmen können durch ihre konstanten Mieteinnahmen Jahr für Jahr stabile Dividenden zahlen."
Börsengänge können Kurse drücken
Allerdings führt eine Flut von Börsengängen in einem Marktsegment häufig zu Kursrückgängen bei anderen Branchenwerten. "Profiinvestoren stoßen dann unter Umstände jene Titel ab, die bereits stark gelaufen sind, um Papiere der neuen Werte erwerben zu können", sagt Vornholz.
Dieser Versuchung könnten jetzt insbesondere Investoren erliegen, die weltweit auf Immobilienaktien setzen. Denn in den USA und Japan planen Branchenunternehmen derzeit Börsengänge oder Kapitalerhöhungen.