Praxisaufkauf

KVWL befürchtet höheren Verwaltungsaufwand

Der geplante Praxisaufkauf durch die Kassenärztlichen Vereinigungen wird in der Realität kaum eine Rolle spielen. Zumindest nicht in Regionen wie Westfalen-Lippe, wie die dortige KV hervorhebt. Sie will sich auch künftig an den Bedürfnissen des Praxisabgebers orientieren.

Von NIlse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Kauft die zuständige KV eine Praxis auf, soll diese geschlossen werden, so die Vorstellung des Gesetzgebers.

Kauft die zuständige KV eine Praxis auf, soll diese geschlossen werden, so die Vorstellung des Gesetzgebers.

© ZB/picture alliance

MÜNSTER. Die geplante gesetzliche Regelung zu Praxisaufkäufen in überversorgten Gebieten wird den Verwaltungsaufwand für Ärzte und Zulassungsausschüsse erhöhen, die Juristen beschäftigen und Ärzte sowie Patienten verunsichern.

Für die Versorgung wird sie dagegen zumindest in einer Region wie Westfalen-Lippe keine Relevanz haben. Davon geht Ansgar von der Osten aus, Leiter des Bereichs Zulassung und Sicherstellung der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL).

"Das ist eine Regelung, die ins Leere läuft", sagte von der Osten bei einer Informationsveranstaltung für Vertragsärzte der Kanzlei am Ärztehaus und der Deutschen Apotheker- und Ärztebank in Münster.

Hohe juristische Verbindlichkeit

Die bereits seit Anfang 2013 bestehende Möglichkeit, den Antrag auf Nachbesetzung eines Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen abzulehnen, soll von einer Kann- zu einer Soll-Bestimmung werden (wir berichteten).

Das habe eine hohe juristische Verbindlichkeit, räumte von der Osten ein.

Aber die Ärzte in den Zulassungsausschüssen werden es auch in Zukunft selbst in der Hand haben, dass dem Antrag eines Arztes auf ein Nachbesetzungsverfahren entsprochen wird, betonte er.

Denn die Ausschüsse sind paritätisch mit Vertretern von Ärzten und Krankenkassen besetzt, und bei einem Patt zwischen beiden Seiten wird dem Antrag auf Nachbesetzung entsprochen.

"Bisher haben die Krankenkassen in Westfalen-Lippe keinerlei Anzeichen erkennen lassen, dass sie die Regelung in irgendeiner Weise umsetzen wollen", berichtete der KVWL-Experte.

Westfalen-Lippe habe eine im Bundesvergleich geringe Haus- und Facharztdichte, die meisten Praxen seien Versorgerpraxen. "Wir haben kaum Hobby-Praxen", versicherte von der Osten.

Nur bei Praxen mit einer auffällig geringen Scheinzahl - beispielsweise unterhalb der Hälfte des Fachgruppendurchschnitts - würden die Ausschüsse die Notwendigkeit einer Nachbesetzung überhaupt eingehender überprüfen.

"Auch für kleinere Praxen wird die Ausschreibung empfohlen, wenn Versorgungsgründe dafür sprechen", erläuterte er.

Ausschreibung nur einmal abgelehnt

In Westfalen-Lippe sei nach den bisherigen Regularien nur in einem einzigen Fall eine Ausschreibung abgelehnt worden, und zwar bei einer Hausarztpraxis mit einer sehr geringen Scheinzahl.

Die geplante Gesetzesänderung wird nach der Erwartung von der Ostens vor allem eine Konsequenz haben: "Das Praxisübergabeverfahren in gesperrten Gebieten wird etwas länger dauern."

Während die Ärzte dafür bislang drei Monate veranschlagen mussten, werden es in Zukunft sechs sein, schätzt er.

Zielsetzung verfehlt?

Von der Zielsetzung her hält von der Osten das Instrument des Praxisaufkaufs ohnehin für verfehlt. "Der Gedanke, dass man über eine solche Regelung Ärzte aus überversorgten in unterversorgte Gebiete bringt, ist deutlich zu kurz gesprungen."

Für den Ernstfall versprach bei der Informationsveranstaltung in Münster der Vorsitzende des Hartmannbundes Dr. Klaus Reinhardt dem ersten Opfer des erzwungenen Praxisverkaufs Unterstützung.

"Der Hartmannbund wird den ersten Kollegen, der nach Verabschiedung des Versorgungsstärkungsgesetzes vom KV-Aufkauf seiner Praxis gegen seinen Willen betroffen ist, bei rechtlichen Schritten gegen diese Maßnahme unterstützen", kündigte Reinhardt an.

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